- Neid
Auch der Neid gehört zu jeder Form des Narzissmus, er wird oft auch kompensatorisch gelebt wird, das heißt, er ist nicht immer bewusst. Das heißt, man wertet sich auf, um das ständige Grundgefühl des Neids nicht spüren zu müssen. Ständig, auf alles und jeden neidisch zu sein, ist nichts, was man gut tolerieren kann, darum wird die Kompensation gelebt und die Variante gefühlt, dass man eigentlich gar nicht neidisch ist und sich und anderen versichert, dass man auch keinerlei Grund dazu hätte, schließlich läuft das eigene Leben ja bereits annähernd perfekt. Sicher gibt es hier und da noch etwas zu optimieren, aber da ist man selbst sein schärfster Kritiker, aber verglichen mit den geradezu lächerlichen Existenzen der meisten anderen, ist man ganz weit vorne. Denn, das was die anderen da haben, diesen Mist, nein den braucht man tatsächlich ist. Warum einem die anderen geradezu leid tun, wenn sie sich mit so einem minderwertigen Kram abspeisen lassen, das erzählt der Narzisst stets ausführlich und gerne. Nur, dass die anderen bei diesem billigen Mist echte Freude empfinden, wird ein wenig schmerzhaft erlebt. Oder, dass anderen egal zu sein scheint, wenn dass, was ihnen Freude bereitet als minderwertig abgetan wird und sie mit ihrer einfachen Existenz sehr zufrieden sind. Aber auch, dass andere mir meinen Erfolg von Herzen gönnen und sich mit mir freuen können, anstatt mich zu beneiden, wie es sich doch eigentlich gehört, wirkt etwas verstörend. Denn man kann nur zufrieden sein, wenn man oben ist und die anderen dominiert und man dann kann sich auch nicht mit anderen freuen können, denn der Erfolg des anderen ist fast immer einen eigene Niederlage. Außer, es ist der Erfolg eines Menschen, den man idealisiert. Nur hält man sich gerade so die (Welt der) anderen auf Distanz, worunter man dann auch wieder leidet, ohne es sich einzugestehen.
Am augenfälligsten ist dies bei der Suche nach Beachtung. Mehr als andere brauchen Narzissten die Bestätigung durch andere. Bekommen sie diese, sind sie neidisch, dass andere etwas können, was sie selbst nicht können, nämlich sich mit ihnen zu freuen, ihre Leistung anzuerkennen und weil das so ist, müssen sie das anerkennende Urteil der anderen klein machen, die ja doch nicht wirklich beurteilen können, was man da geleistet hat, wie sollten sie auch, dann wären sie ja so toll wie man selbst. Und Beziehungen und Wertschätzungen auf Augenhöhe, nein, die gibt es nicht, das ist allenfalls vorgespielt, diese Überzeugung ist der Hintergrund des Prinzips Narzissmus.
- Die fehlende Fähigkeit zur Abhängigkeit, Kontrollzwänge und der ein eklatanter Mangel an Dankbarkeit
Da Narzissten anderen im Grunde nicht vertrauen und nur in ihren Augen minderwertige Leistungen delegieren, glauben sie nicht, dass jemand anderes als sie die Dinge auch gut und richtig machen kann. Sie können sich nicht wirklich entspannen und loslassen, wenn sie nicht die Kontrolle haben. Denn eines ist klar, nur so, wie ich es mache, ist es perfekt, daher auch der stille Wunsch aller Narzissten, den anderen nach und nach so zu machen, wie man selbst ist. Durch brutale Manipulation oder subtile Verbesserungsvorschläge hinter einer höflichen Fassade, wird der andere dahin geschoben, wo man ihn haben will, in Richtung Klon des eigenen Ich. Denn den anderen als anderen zu erkennen und wertzuschätzen, das misslingt Narzissten. Der andere ist im besten Fall auf einem guten Weg, wenn er für wert empfunden wird, vom Narzissten geformt zu werden.
Narzissten brauchen dieses Gefühl der Asymmetrie, sie haben nicht die Fähigkeit sich von einem anderen Menschen abhängig zu fühlen, was praktisch heißt, dass sie Partner wählen, die scheinbar dringend ihre Unterstützung brauchen, während man selbst den Partner eigentlich nicht braucht, sondern sich ihm nur widmet, weil man ein guter Mensch ist. Großartig, aber eben auch warmherzig, edel, hilfreich und gut. Zumindest, was das eigene Empfinden angeht. Da man sich großherzig gibt, allein schon deshalb, dass man sich überhaupt mit anderen abgibt, sind die anderen dem Narzissten zu stetem Dank verpflichtet, er hingegen schuldet anderen, auch bei einer Vorzugsbehandlung keinerlei Dank, schließlich bekommt er nur, was ihm nach gefühltem Recht zusteht. Narzissten bestehen regelrecht darauf, alles was sie geschafft haben, alleine geschafft zu haben, auch wenn sie es oft schaffen andere zu instrumentalisieren und andere bei ihrem Projekt kräftig einzuspannen, die aber froh sein können, im Dunstkreis des Großartigen agieren zu dürfen, auch wenn sie aus Sicht des Narzissten nur die minderwertige Arbeit machen, die in Prinzip jeder machen könnte. So muss man auch hier nicht dankbar sein und wenn überhaupt, so wird der Dank floskelhaft und ohne emotionale Beteiligung runter gerasselt, weil es sich so gehört und man schließlich gute Manieren hat.
Die Kontrollzwänge können mitunter aufreibend sein und in realen Stress ausarten, aber wer sollte besser wissen, wie es gut und richtig läuft, als jemand der vom Prinzip Narzissmus durchdrungen ist?
Weitere Zutaten des Prinzips Narzissmus
Eine oft quälende Langeweile ergibt sich aus der inneren Leere. Narzissten können mit sich nichts anfangen und langweilen sich oft auch in Gesellschaft, vor allem wenn ihnen diese unter ihrem Niveau erscheint, was oft der Fall ist. Im Kreis besonderer Menschen, da werden sie wach. Die Langeweile wird durch eine rastlose Suche nach neuen Aktivitäten und Projekten zu einem Teil gestillt. Diese Narzissten müssen immer aktiv sein und brauchen fortwährend Unterhaltung. Das kontrastiert zwar mit einer gewissen Faulheit, die manchen Narzissten auch eigen ist, der Hintergrund ist dann der, dass sie zwar Abwechslung und eine perfekte Welt erwarten, aber oft auch nicht gewillt sind, etwas dafür zu tun, die Welt hat sich gefälligst ihren Bedürfnissen anzupassen. Die Unfähigkeit Befriedigung im Privaten zu finden hat damit zu tun, dass Narzissten die große Bühne brauchen und auch als perfektes Paar lieber gesehen werden wollen, als dass sie mit sich selbst viel anfangen können. Das heißt, ein gewisser Exhibitionismus ist für das Prinzip Narzissmus typisch, damit ist nicht nur, aber auch sexueller Exhibitionismus gemeint. Der sexuelle Exhibitionismus präsentiert den eigenen Körper, neuerdings auch besonders die Geschlechtsmerkmale, was ehedem eher für den weiblichen Exhibitionismus galt, aber die Männer holen hier kräftig auf. Neben Bildern vom erigierten Penis, ist auch das eigene Pornovideo heute beliebt. Der nichtsexuelle Exhibitionsmus ist der Drang sich und alles was man macht ständig der Welt zu präsentieren, Selfies und Kurzvideos bieten dafür die ideale Plattform. Der Narzissmus hat sich insgesamt zur sexuellen Promiskuität verlagert, allerdings spielt gerade beim Narzissmus auch eine sexuelle Hemmung eine stärkere Rolle, die in schweren Fällen mit Impotenz einhergehen kann. (Näheres zum Narzissmus in Paarbeziehungen und Sexualität unter Narzissmus in der Liebe.)
Gut und Böse ist der Modus nach dem das Prinzip Narzissmus funktioniert oder anders ausgedrückt, eine Unfähigkeit Ambivalenzen zu erkennen oder zu ertragen. Freund und Feind, schwarz oder weiß, Eindeutigkeit bis zum Kitsch sind die Lebens- und Erscheinungsformen des Prinzips Narzissmus an dieser Stelle.
Ich hoffe, dass zu erkennen ist, wie ein Punkt der Komponenten den anderen bedingt und diese sich so wechselseitig verstärken. Fast alle diese Komponenten können auch bei anderen Erkrankungen vorkommen, die Kombination, vor allem allem der unverzichtbaren Symptome ist das, was am Ende das Prinzip Narzissmus erkennbar werden lässt.
Die gut gelaunten und die finsteren Narzissten
Das Prinzip Narzissmus verstehen wir aber nur, wenn wir die ihm innewohnende Hierarchie, als als Abfolge der Komplexität der inneren Organisation mit berücksichtigen. Die Lebens- und Erscheinungsformen des Prinzips Narzissmus präsentieren zunehmende Schweregrade, die im mehr oder minder Gesunden starten, um in den schwersten Formen der antisozialen Persönlichkeitsstörung zu enden. Die Erklärung, die es dafür gibt, ist die eines unfertigen, das heißt niemals umfassend ausgebildeten oder in der Regression zurückgestuften Gewissens oder Über-Ichs. Um einen früheren Artikel über das Gewissen knapp zu wiederholen: Das Über-Ich besteht aus drei Schichten, die zeitlich aufeinander folgen, aber sich nicht einfach ablösen, sondern interagieren, so dass das Über-Ich immer komplexer wird. Eine frühe erste Schicht, die als nur verbietend und/oder verfolgend erlebt wird, ohne es zu sein. Eine zweite, spätere Schicht, die gebietend ist, damit aber die Möglichkeit gibt, etwas richtig zu machen, ein gutes Kind zu sein. Schließlich eine dritten Sicht, die die ersten beiden ausgleicht und abmildert, so dass die Welt nicht untergeht, wenn andere oder man selbst nicht perfekt sind.
Bei den gut gelaunten Narzissten ist die dritte Schicht des Über-Ichs nicht hinreichend ausgebildet, weshalb es nicht zu einem milden Ausgleich von gut und böse/schlecht in der eigenen Psyche kommt, sondern man muss sich entscheiden. Milde Narzissten „entscheiden“ sich für gute Laune oder mindestens eine oberflächliche Variante der Problemlosigkeit. Innerpsychisch ist der Grund, dass das Ich nun mit der verbleibenden zweiten, idealen Schicht korrespondiert und das bedeutet, dass etwas schematisch ausgedrückt, das Über-Ich dem Ich ständig signalisiert, dass es völlig okay ist und im Grunde ein annähernd perfekter Mensch. Praktisch hat noch nie jemand in sich erlebt, dass das Über-Ich dem Ich etwas übermittelt und das heißt, man hat einfach das Gefühl ein toller Typ oder eine perfekte Frau zu sein, die von allen bewundert, zumindest aber gemocht wird.
Narzissten wollen Aufmerksamkeit und auf dieser gut gelaunten Stufe beliebt sein und sind der Überzeugung, dass sie es auch sind. Probleme und Konflikte gibt es für sie nicht, außer, wenn miesepetrige andere die Party stören, die oberflächliche Witzchen und Banalisierungen nicht mehr spannend finden und in allem ein Problem suchen. Ihre Aggression liegt darin, dass sie jeden, der bei dem Leben als große Spaßveranstaltung nicht mehr mitmachen kann oder will, kühl abservieren.
Die finsteren Narzissten, die bis in den Bereich der Psychopathen reichen, suchen auch Aufmerksamkeit und Beachtung, aber sie wollen dabei nicht zwingend geliebt, sondern gefürchtet sein. Ihr Über-Ich ist noch weniger entwickelt und Aggressionen durchdringen ihren Charakter stärker als bei den gut gelaunten Narzissten oder dominieren bei den Regressionen in der Masse, sobald die Aggression von einem Anführer gespiegelt und verstärkt wird, der selbst hoch aggressiv im Sinne des malignen Narzissmus ist. Beim Über-Ich ist nur die erste, verbietende, verfolgende, sadistische Schicht entwickelt und das Selbsterleben dabei ist, dass man großartig ist, weil man mächtig und gefährlich ist, andere dominieren kann und diese Angst vor einem haben und einen deshalb beneiden. Das Prinzip Narzissmus verstehen wir bereits recht weitreichend, wenn wir die Komponenten in ihrer hierarchischen Anordnung und ihrem Mangel an ausgebildetem Über-Ich interpretieren.