Psychologen gehen davon aus, dass die Nikotinsucht zu den am schwersten bewältigbaren Süchten zählt. Zum einen, weil allseits Verfügbarkeit und eine gewisse soziale Akzeptanz gegenüber der Zigarette herrscht – im Gegensatz zu anderen Drogen. Zum anderen, weil wir den Tabakkonsum fest in unseren Alltag implementiert haben. Die Zigarette nach dem Essen. Zigarettenpausen auf Arbeit. Mit Freunden zusammensitzen und eine rauchen. Abends am Fenster in den Nachthimmel starren und zum Runterkommen eine Zigarette … Wie also kann man mit dem Rauchen aufhören, wenn man nahezu jede Situation und jeden Gemütszustand mit den kleinen Glimmstängeln verbindet?

Diva auf dem Bett mit Zigarette

Mit dem Rauchen verbinden wir bestimmte Stereotype. Das erschwert es uns aufzuhören. © Faint Sanity under cc

Den Konsum bloß zu reduzieren anstatt gänzlich aufzuhören, bringt gesundheitlich wenig. So kommt eine Metaanalyse von Hackshaw et al. (2018) zu dem Schluss, dass eine Vielzahl der mit dem Rauchen verbundenen Risiken wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs bereits durch den Konsum einiger weniger Zigaretten täglich erhöht ist. Selbst wenn man nur eine Zigarette pro Tag rauchen würde, ist das Risiko für die Entwicklung einer koronaren Herzerkrankung und einen Schlaganfall noch etwa halb so hoch im Vergleich zu Rauchern, die zwanzig Zigaretten pro Tag konsumieren. 

Ratsam wäre folglich ein kompletter Rauchstopp statt einer Reduzierung des Tabakkonsums. Nur wie?





Abhängigkeit: Wenige Tage, dann ist alles vorbei?

Wenigstens körperlich. Sagen zumindest einige Psychologen. Doch wer schon einmal versucht hat, mit dem Rauchen aufzuhören, der weiß, dass der Kampf viel länger andauert. Denn wo hört das körperliche auf und wo fängt das seelische an?

Bereits beim Konsum der ersten Zigarette im Leben läuft man Gefahr, süchtig zu werden, da Nikotin schnell und unmittelbar in den Stoffwechsel des Gehirns eingreift. Unter anderem wird das Hormon Dopamin ausgeschüttet, welches uns ein Glücksgefühl beschert. Es fördert die Entspannung und – na klar! – reduziert Ängste und Stress.

Eine Hoffnung, körperlich bei der Regulation des Dopaminsystems anzusetzen und so das Rauchverlangen zu reduzieren, könnte Cannabidiol (CBD) sein. Die Forschung zu diesem wenig psychoaktiven Cannabinoid steckt noch in den Kinderschuhen. Erste Ansätze deuten jedoch auf vielversprechende Ergebnisse hin.

Mit dem Rauchen aufhören: aus Sicht der Psychologie



Es gibt so einiges, was man tun kann, um sich gegenüber seiner Tabaksucht zu erwehren. Und dann auch wiederum nichts. Denn alle Tipps zum Rauchstopp nützen nichts, wenn einem die Motivation fehlt.

Motivation für Rauchstopp. Reicht das?

Rennen Beine Zieleinlauf

Wenn man mit dem Rauchen aufhören will: Der Weg ist das Ziel © Jeff Turner under cc

Manchmal kann es helfen, sich zu vergegenwärtigen, warum man einen bestimmten Schritt machen sollte – oder eben nicht. Hier ist Ehrlichkeit gefragt, andernfalls sind alle nachfolgenden Bemühungen zum Scheitern verurteilt. Das Deutsche Krebsforschungszentrum empfiehlt – so schlicht wie wirksam – die Erstellung zweier Listen. Warum lohnt sich ein Rauchstopp für mich? Versus: Was gefällt mir am Rauchen?

Buczkowski et al. (2014) fanden in ihrer Studie unter anderem folgende am meisten genannte Motivationen, um mit dem Rauchen aufzuhören:

  • Wünsche oder Regeln im sozialen Umfeld / auf Arbeit / zu Hause, die ein Rauchverbot beinhalten
  • der unangenehme Geruch, der mit dem Rauchen einhergeht
  • die gesundheitlichen Risiken
  • Schwangerschaft und Stillen

Informationen sammeln / Begleiter suchen


Ob man es will oder nicht: Sobald man sich mit einem möglichen Rauchstopp auseinandersetzt, beherrscht das Thema das Gehirn. Deshalb ist es wichtig, Informationen zu sammeln, die auf der anderen Seite der Waage die üblichen Automatismen – wenn man mal eben schnell zur Zigarette greifen will – erschweren. Dank Nutzung neuester Technologien ist es möglich, sich online Wegbegleiter zu suchen, die in schwachen Momenten hilfreich zur Seite stehen.

So zeigt die kürzlich veröffentlichte Studie von Hoeppner et al. (2019), dass die Verwendung einer Rauchfrei-App bei Rauchern zu einem geringen Verlangen nach Tabak führen kann, einer erhöhten Selbstwirksamkeit, mit dem Rauchen aufhören zu können, sowie zu einer negativeren Bewertung des Rauchens im Allgemeinen.

Rauchen ist auch immer kontextabhängig



Birkenwald schmale Stämme

Mit Selbstwirksamkeit offenbart sich hinter jedem undurchdringlichen Wald eine Lichtung. © Hannes Flo under cc

Tabakkonsum ist häufig mit bestimmten Kontexten verbunden. Wichtig ist folglich, sich Alternativen für ebenjene Situationen zu überlegen. Was würde ein Nichtraucher in dieser oder jener Situation tun? Was könnte ich tun, um Langeweile zu überbrücken? Welche Copingstrategien könnte ich mir aneignen, um dem Alltagsstress Herr zu werden? Spazieren gehen, Sport, viel Wasser trinken, Obst oder Nüsse knabbern, Gespräche stünden als mögliche Alternativen auf dem Programm. Beim Telefonieren könnte man, anstatt zur Zigarette zu greifen, an einem Armreif drehen oder einen Anti-Stress-Ball kneten.

Coping beim Smoking: die Hilfe der Psychologie

Copingstrategien bedeuten nichts anderes als Bewältigungsstrategien. Es geht um alternatives Verhalten sowie kognitive Bewertungen. Einige solcher alternativen Verhaltensweisen haben wir bereits aufgeführt. Doch mindestens genauso wichtig ist die Arbeit an der Psyche. Die allgemeine Selbstwirksamkeit zu erhöhen, gehört ebenfalls dazu, wie die oben genannte Studie aufzeigt. Ebenso entscheidend ist, sich eine internale Kontrollüberzeugung zu erarbeiten. Die Überzeugung und den unbedingten Willen zu haben, der Herr im eigenen Körper zu sein. Sich nicht als hilflos ausgeliefert zu erleben, sondern als Akteur offensiv den Alltag anzugehen. Man ist kein Spielball des Schicksals, sollte anstatt zu Katastrophisieren Situationen sachlich bewerten, unnötiges Darüber ausblenden und die Aufgaben einfach angehen. Verhaltensweisen, die man lernen kann, wenn man die nötige Motivation und Ausdauer dazu aufbringt.

Eine internale Kontrollüberzeugung und eine erhöhte Selbstwirksamkeitserwartung gehen miteinander einher und führen demzufolge zwangsläufig zu einer Verminderung der Abhängigkeit. Beide psychologische Konstrukte sind wichtige Bestandteile der Identität. Hat man die Macht der Gewohnheit einmal durchbrochen, wehrt man Situation um Situation das Verlangen nach dem Glimmstängel ab, wird man sich mehr und mehr als starken, selbstständigen und unabhängigen Menschen wahrnehmen. Einmal in der Identität verankert, und sei es gegebenenfalls auch mit einer Therapie, werden Rückfälle immer unwahrscheinlicher werden. Mit dem Rauchen aufhören ist eben auch ein Weg der Arbeit an sich selbst und viel mehr als nur ein einzelnes, für sich stehendes Ziel.