Die Fusion von Technik und Natur. © Ray in Manila under cc

Einige effektive und einfache Regeln können dafür sorgen, dass unser Alltag wieder überschaubarer wird. Das ist er nämlich inzwischen oft nicht mehr.

Doch nicht nur die Organisation unseres Alltag ist kompliziert geworden, in ihm müssen wir auch immer mehr relevante Entscheidungen treffen, bei denen obendrein auch noch die Zeit drängt. Neulich und für manche von uns vielleicht noch immer aktuell steht die Frage, ob man sich impfen lassen soll, oder nicht im Raum. Klar, wer über 80, übergewichtig und Diabetiker ist, bei dem sollte die Entscheidung relativ eindeutig ausfallen, aber was macht die 65-Jährige, die der Medizin misstraut? Oder der 38-Jährige, der kerngesund ist? Die junge Raucherin, die mit der Pille verhütet?

Dass seriöse Antworten der Wissenschaft nicht aus der Hüfte geschossen daher kommen, ist gut, aber das Chaos an Meinungen aus allen Ecken, zu dem Thema, hat nun wirklich jeder mitbekommen.

Daneben und ganz aktuell, durch die verheerenden Überschwemmungen und den neuesten Bericht des IPCC, das Klima. Der selbe Chor an diversen Meinungen: Warum ich? Warum wir? Soll nicht lieber die Politik oder die USA oder China …? ‚Bringt das überhaupt was?‘, fragen die einen, ‚Bringt es überhaupt noch was?‘, die anderen. Dazwischen wir, die Verursacher und Betroffenen. Für die Mehrzahl ist das Klima heute ein relevantes Thema, sie würden auch gerne was tun, aber mehr und mehr macht sich auch hier das Gefühl breit, dass man im Meer der Überangebote, was zu tun und was zu lassen sei, auch untergehen kann.

Ist es vernünftig, dass das nächste Auto ein E-Auto wird? Die Antwort ist die gleiche, wie in vielen anderen Fällen: Es kommt drauf an. Das ist wahr, aber auch unbefriedigend. Zudem hat man das erwähnte Gefühl, sehr gravierende Entscheidungen treffen zu müssen, die sich im Fall von Corona über Leben und Tod und beim Klima gleich um den Fortbestand der Menschheit drehen, mindestens aber um die Abwendung gravierender Schäden für Millionen Menschen.

Referenzgrößen

Wir sind neuerdings sensibler dafür geworden, dass der junge, weiße Mann mit Durchschnittsgewicht nicht als Maßstab für jeden anderen Menschen auf der Welt genommen werden kann, sei es, was die Wirkung von Medikamenten angeht oder auch für die soziale Situation. Es reicht nicht für Frauen und Kinder einfach etwas Gewicht abzuziehen, um so auf das gleiche Ergebnis zu kommen.

Jeder Mensch ist einzigartig, aber dennoch nicht in allem unvergleichbar, sonst müssten wir immer wieder überlegen, ob der andere wohl auch atmen und essen muss. Aber nicht nur biologische Gemeinsamkeiten lassen sich entdecken, denn Regeln die für linkshändige, evangelische Radfahrerinnen mit Blutgruppe A und Sommersprossen, die über den zweiten Bildungsweg Geschichte studieren gelten wirken seltsam, weil viel zu willkürlich und speziell. Gesucht werden hinreiche große Gemeinsamkeiten, mit denen man sich zugleich deutlich genug von anderen unterscheidet.

Gleichzeitig gibt es bei dem, was man tut und lässt eben doch Dinge, die man beachten muss. Allein eine gute Absicht zu haben ist etwas, was wir bei Kindern honorieren, später dürfen wir von einander mehr erwarten. Denn beim E-Auto muss man auf die Gesamtbilanz schauen, darauf, woher der Strom kommt und vielfach werden Energieeinsparungen durch Reboundeffekte aufgefressen, in dem man bestimmte Geräte länger anlässt, weil sie ja sparsamer sind.

Gesucht werden also effektive und einfache Regeln, für Gruppen, die eine hinreichende Ähnlichkeit besitzen. Das richtet den Blick von der Frage, was man tun sollte, zu der, mit wem man es eigentlich zu tun hat. Weiß man das, kann man viel passendere Angebote machen.

Der etwas komplizierte Weg zum Einfachen

Die Suche nach den Gemeinsamkeiten gestaltet sich schwierig, nicht weil es keine Kriterien gibt, sondern eher, weil es so viele sind. Aktuell sind Identitätsfragen – sich über eine Gruppe zu definieren – wieder en vogue, oft genug kommt man dabei in einen rassistischen Sumpf. Einige finden, dass der Klassenbegriff noch immer viel aussagt, ich finde im Grunde eine Mischung einiger Zutaten am besten, die ich kurz vorstelle,

Modelle von Entwicklungsstufen

Wir haben die Entwicklungsstufen der Psyche hier immer wieder und sehr ausführlich vorgestellt und das aus gutem Grund. Alle Modelle unterscheiden sich ein wenig, sie alle folgen aber der Idee, dass es eine psychische Entwicklung zum Höheren und Komplexeren gibt, was nicht gleichbedeutend damit ist, dass diese Stufen besser sind. Letztlich kommt es ein Stück weit auf die Angemessenheit der Stufe für bestimmte Aspekte an.

Eine sehr komplexe Sicht, die viele Menschen überfordert ist nicht besser, als eine einfache, aber gut lebbare Perspektive. Ein gutes Modell ist Spiral Dynamics, das mögliche Einteilungen abbildet. Ich glaube, dass die Komplexität der psychischen Entwicklung den größten Effekt hat, bei der Frage, wer und was zu wem passt.

Die unterschiedlichen Komplexitätsgrade der Entwicklung erklären recht gut das Phänomen der Sprachlosigkeit, das wir oft erleben. Unterschiedliche Gruppen wollen mitunter nicht miteinander reden, zuweilen können sie es aber nicht, weil sie fundamental andere Interessen haben oder bestimmte Probleme ganz anders angehen. Doch es ist nicht unbedingt das eine richtig und das andere falsch, jeder kann seinen Beitrag leisten.

Milieus

Was mir ebenfalls sehr gut gefällt sind die Milieus, die von Sinus herausgearbeitet werden. Diese Sinus-Milieus kombinieren hierarchische oder vertikale soziale Schichten und ihre horizontale Einteilung. Etwa konservative und progressive Einstellungen, hedonistische oder werteorientierte.

Diese zehn Gruppen kommen der Lebenswirklichkeit vermutlich näher, als Einteilungen die nur auf das Einkommen schauen oder ob jemand vermeintlich politisch links oder rechts steht. Auch die Vorstellung eines breiten Mainstreams, der von schmalen Randgruppen eingebettet ist, ist kaum mehr zu erkennen. Statt dessen sehen wir einen Zerfall in immer mehr Gruppen. Man kann ihn bedauern oder feiern, sollte ihn aber erst mal zur Kenntnis nehmen.

Jede Einteilung ist in gewisser Weise willkürlich, unser Ziel war jedoch gewisse Gemeinsamkeiten einer Gruppe zu erkennen und dies ist in diesem Ansatz gut möglich.

Weitere Aspekte

Klarerweise spielen regionale Besonderheiten eine Rolle. In einigen Teilen der Welt eine größere Rolle, als in anderen. Man kann diese noch mal in kulturelle und geographische Aspekte unterteilen. Menschen, die in geographischen Extremregionen, wie Wüste, ewiges Eis oder Hochgebirge leben, haben andere Bedürfnisse, als Menschen in Megacitys oder der Kleinstadt auf dem Land. Dass auch die unterschiedliche kulturelle Prägung eine wichtige Größe ist, wird uns immer bewusster.

Das angeborene Temperament und die Geschlechtsidentität haben auch noch einen Einfluss, ich denke, dass das zusammen reichen wird um bestimmte Muster herauszuarbeiten.