Ein Punkt vor dem wir öfter stehen. Einerseits haben Ereignisse, die scheinbar von außen kommen oft mehr mit uns und unseren Erwartungen zu tun, als wir glauben. Doch auf der anderen Seite ist dies keine simple Willensentscheidung, die man dann einfach mal eben lassen oder verändern kann. Wer 100%ige Garantien braucht, um den nächsten Schritt im Leben zu tun, wird diese niemals bekommen und wenn doch, sind sie falsch. Das kann man einsehen, wird sich mit 99,999% aber immer noch unsicher fühlen.

Herausfordernd einfach: Zen © Doctor Monochrome under cc

Die Frage, die man sich hier stellen müsste, lautet, warum ich denn meine, absolute Sicherheit zu brauchen. Da geht der Weg entlang, aber er ist nicht leicht, wenn man es gewohnt ist, alles rational abzufertigen, ohne die eigenen Prämissen wirklich infrage zu stellen. So hat man immer Recht mit der Annahme, dass das Leben mit einem Restrisiko behaftet ist, kann sich überlegen fühlen, weil es niemand schafft, die eigenen Zweifel restlos auszuräumen, aber der Erfolg heißt zugleich weiter das eigene Leben zu blockieren. Hier sitzt man im Gefängnis der eigenen Erwartungen, sogar noch unter verschärften Bedingungen.

Die andere Seite der Medaille

Aus den Ausführungen ergibt sich, dass es auch viel mit der eigenen Einstellung zu tun hat, wenn es wie am Schnürchen läuft. Aber erneut gilt, dass es keinen Hebel gibt, den man mal eben umlegen kann um eine positive Einstellung zu bekommen und sie sich anzutrainieren wirkt oft so gekünstelt, wie es ist.

Aber wenn man es will, kann man sich auf die Reise durch den Dschungel machen und es ist keinesfalls so, dass dies von vorn herein aussichtslos ist, es ist nur zäh und beschwerlich. Es klappt auch nur bedingt, die Reiseberichte jener aufmerksam zu lesen, die diesen Weg schon gegangen sind, auch wenn das spannend und inspirierend sein kann.

Es schön Vorbilder zu haben, aber letztlich ist es der eigene Weg, der gegangen werden will und die Botschaften weiser Menschen kann man so wenig einfach für sein Leben übernehmen, wie man seine Einstellungen mal eben ändern kann. Oft geht es aber gar nicht ums ändern, sondern erst mal darum, den eigenen Lebensweg zu verstehen. Warum bin ich, wie ich bin, warum habe ich bestimmte Einstellungen?

Dann erst lohnt es sich manchmal darüber nachzudenken, ob man nicht das eine oder andere ändern möchte. Wenn man sich selbst versteht, ist der Druck oft gar nicht mehr so groß. Wie tief man buddelt, bleibt einem selbst überlassen. Man kann lernen, die roten Linien immer besser zu sehen, die die Ereignisse des Lebensweges mit einander verbinden.

Doch mehr Erkenntnis heißt oft auch mehr Verantwortung und weniger Großartigkeit. Immerhin versteht man, warum andere sich so unbeholfen anstellen, wenn man es bei sich selbst erkennt. Sich selbst zu verzeihen bedeutet dann immer auch anderen zu verzeihen.

Der letzte Schritt?

Er hat das Potential uns aus dem Gefängnis der eigenen Erwartungen heraus zu holen und auch hier ist es spielend leicht die Erkenntnis zu formulieren, nur eben sehr schwer, sie wirklich anzunehmen. Letzten Endes haben wir eigentlich nichts wirklich in der Hand und es gibt auch niemanden, der uns retten will und wird. Aber das hören wir nicht so gerne. Diese Sicht bildet den Kern des Buddhismus, der im Grunde sagt, dass sich alles ständig wandelt und Leid dadurch entsteht, dass wir diesen Wandel nicht mitmachen, sondern gerne an dem festhalten möchten, was uns gut gefällt.

Natürlich wissen wir alle, dass das Leben ständig weiter geht und dabei immer wieder auch mal Haken schlägt und verästelte Nebenstraßen benutzt. Wenn man das wirklich verinnerlicht hat, könnte man sich entspannen. Aber es ist menschlich doch immer wieder Routinen einzuführen, schon weil diese uns Orientierung geben. Selbst wenn sich das 20 Tage oder Jahre später als vorschnell erweist, in dem Moment glaubt man daran und es entspannt, daran zu glauben.

Man kann sich schrittweise davon lösen zu sehr an diese Erklärungen und Orientierungen zu glauben. Doch die Botschaft, dass es nichts gibt, woran sich festzuhalten lohnt wird ergänzt durch die Gewissheit, dass dies auch nicht nötig ist und man immer einen Weg finden kann, auf neue Situationen zu reagieren. Es klingt so leicht, ist aber doch schwer in Leben zu übersetzen.

Offenbar kann man Gewohnheiten, Struktur und Kreativität aber sehr gut vereinen. Einstein soll die mehrere gleiche Anzugkombinationen besessen haben, damit er mit so etwas unwichtigem wie der Kleiderwahl keine Zeit verschwendete. Seine Kreativleistungen waren atemberaubend. Der Alltag während eines Zen Sesshins ist extrem strukturiert, aber auch hier, um in eine nie gekannte Freiheit (der Erleuchtung) zu gelangen. Eben jene, in der man jeden Moment frisch und klar erlebt, weil man nichts erwartet und erkennt, dass jeder Moment frisch und klar ist.

Geübt wird das unter anderem daran, dass man auf seine Atemzüge achtet. Etwas, was man schon abertausende Male getan hat, zumeist, ohne es überhaupt zu beachten. Je näher, je genauer man hinschaut, umso mehr kann man erleben, dass buchstäblich kein Atemzug wie der andere ist. Und wir sind hier nur beim Atmen. Jeder Moment ist frisch, klar und neu, wie beim ersten Mal. Wenn man sehr genau hinschaut und sich drauf einlässt. Dann gibt es auch keine Langeweile mehr. Dem steht viel im Weg, davon sollte hier die Rede sein. Das Gefängnis der eigenen Erwartungen, sagt uns, dass wir sicher wissen was kommt. Das ist uns wichtig. Aber es gibt Wege die hinaus führen.

Wenn man auch die negativen Erwartungen fallen lässt, ohne dabei idiotisch zu agieren, bekommt man Vertrauen zur Fähigkeit auf die Situationen eine Antwort zu haben.