Nach dem Verlassenwerden sind Rachegefühle keine Seltenheit. Insbesondere wenn man das Gefühl hat, nicht gut behandelt worden zu sein, wie zum Beispiel in einer Partnerschaft mit einem Narzissten. Dann kommen die Überlegungen ganz von selbst, wie man den anderen am besten seelisch verletzen könnte. Im ersten Teil der Artikelserie zu Acht Dinge, die Narzissten nicht mögen haben wir bereits drei Aspekte benannt, mit denen du allein dadurch, dass du seelisch erstarkst, bei deinem Ex-Partner* ein gewisses Unwohlsein hervorrufst.
Im zweiten Teil der Artikelreihe gehen wir auf die weiteren fünf Punkte ein, wie du deine Rachegefühle nach der Trennung positiv für deine individuelle Entwicklung und Genesung nach einem narzisstischen Missbrauch nutzen kannst.
*Wir verwenden der Einfachheit halber die grammatikalisch männliche Form: bspw. derjenige, Narzissten und Partner. Ungeachtet dessen bezieht sich der Artikel auf alle Menschen, unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität.
Sich Rächen versus Rachegefühle – ein entscheidender Unterschied
Natürlich ist ein tatsächliches Rächen an dem Ex-Partner durch Bloßstellung oder Beleidigung etc. kein effizientes Mittel gegen Trennungsschmerz. Im Gegenteil: Ausgeführt ist die Rache seelisch wenig hilfreich und auch nicht akzeptabel. Dennoch können Rachegefühle, in geordnete Bahnen gelenkt, durchaus zum psychischen Wohlbefinden beitragen.
Mit Rachegelüsten verantwortungsvoll umgehen
Rachegelüste machen auch immer etwas mit deinem Inneren. Wenn man jemandem etwas Schlechtes wünscht und sich dazu hinreißen lässt, Schadenfreude zu empfinden, sobald es deinem Gegenüber schlecht geht, werden diese Verhaltensweisen auch Abdrücke auf deiner Seele hinterlassen. Und es wäre doch schade, wenn die Verarbeitung deiner Ex-Beziehung erneut dazu führen würde, dich in deinem Inneren negativ zu beeinflussen. Und das alles, nachdem du bereits während deiner toxischen Beziehung hinreichend negativ malträtiert wurdest.
Deshalb ist diese Artikelserie zur Rache vorrangig als ein Gedankenspiel zu verstehen. Man lotet seine kognitiven und emotionalen Grenzen im Zuge des Trauerschmerzes aus, um dann für sich zu einem inneren Gleichgewicht zu kommen.
Umso wichtiger ist es, offen mit diesen Rachegefühlen umzugehen. Authentisch zu sich zu stehen. Letztendlich aber im Kopf bei sich selbst und seinem neuen Leben zu bleiben. Ein psychologisches Gedankenexperiment eben, bei dem man sich innerhalb eines psychischen Spannungsfeldes bewegt, bei dem Perspektivübernahme und Ehrlichkeit gefragt sind – mit dem Versuch, letztendlich bei sich selbst anzukommen.
Reminder: Deine Stärke ist deine größte Rache
Es spielt keine Rolle, ob du derjenige bist, der verlassen worden ist oder verlassen hat. Was ein Mensch mit einer narzisstischen Charakterstruktur nicht mag, ist, wenn sein Ex-Partner erstarkt und zufrieden ist. Wenn du also über eine etwaige Rache an ihm spekulierst, solltest du dir ins Bewusstsein rufen, dass deine innere Aufrichtung deine größte Rache an ihm wäre.
Acht Dinge, die Narzissten nicht mögen: Nummer 4 bis 8
Nach den Punkten eins bis drei im ersten Artikelteil machen wir weiter mit den Punkten vier bis acht in Bezug auf Dinge, die Narzissten nicht mögen.
4. Sie mögen nicht ignoriert werden
Auch diesen Punkt meinen wir im Rahmen eines ganz und gar respektvollen Umgangs. Unabhängig davon, ob du dich für einen vollständigen Kontaktabbruch oder den Versuch einer Freundschaft mit deinem Ex-Partner entscheidest, ein respektvolles Miteinander sollte stets im Vordergrund stehen. Und zwar weniger für ihn, sondern vor allem für dich. Weil jeder für sein Verhalten verantwortlich ist. Und du während des Trennungs- und Ablöseprozesses sicherlich nicht gebrauchen kannst, dir auch noch Gedanken darüber zu machen, ob du dich im Umgang mit ihm eventuell falsch oder wenig höflich verhalten hast.
Egal, wie verletzt man ist, man sollte versuchen, sich in Taten und Worten nicht auf eine toxische Ebene zu begeben. Wenn die Grenzen klar gesteckt sind und alles gesagt wurde, kann man alle darüber hinausgehenden Versuche der Wiederaufnahme eurer Verbindung getrost ignorieren. Mit Ignorieren ist also ein Ausblenden des Ex-Partners aus verschiedenen Bereichen deines Lebens gemeint. Bestenfalls, nachdem man klar kommuniziert hat, dass ein Cutt beziehungsweise eine Pause oder etwas Abstand voneinander erfolgen wird.
Dein Vorteil ist:
- Du ziehst eine Grenze zwischen euch entsprechend deiner Werte und zugunsten deines Wohlbefindens. An dieser Grenzlinie hangelst du dich entlang, komme, was wolle. Das Einzige, worauf du dich im Umgang mit einer narzisstischen Person verlassen kannst, deren Verhalten durch eine starke Ambivalenz und Nichtakzeptanz deiner Bedürfnisse geprägt ist, ist deine eigene Grenzziehung. Respektiere diese, so schwer es in manchen Stunden auch sein mag.
5. Sie mögen es nicht, unwichtig zu werden
Im ersten Teil dieser Artikelreihe in Bezug auf Dinge, die Narzissten nicht mögen, haben wir bereits das Nichtigkeitserleben angesprochen, das Menschen mit einer selbstbezogenen Charakterstruktur fürchten. Sie wollen nicht unwichtig werden und ohne Einfluss auf dich sein.
Dein Vorteil ist:
- Selbst wenn es dir anfangs vielleicht schwerfällt, die Gedanken und Gefühle hinsichtlich deines Ex-Partners auszublenden, mit jedem neuen Tag wird dir ein Leben ohne ihn mehr zur Gewohnheit werden. Salopp formuliert: Schmeiß ihn aus deinem Kopf. Laß die gedanklichen Pfade zuwuchern. Durch die Entwöhnung von ihm wirst du eine neue unaufgeregte emotionale Baseline finden, die dich innerlich ruhiger werden lässt. Unmittelbar nach der Trennung ist daran natürlich kaum zu denken, da die Trennung von einem Narzissten beinahe einem kalten Entzug gleicht. Das geht vorüber.
6. Sie mögen es nicht, falsch zu liegen
Gerade wenn ihr in einer On-Off-Beziehung gewesen seid und du womöglich immer wieder zu deinem Ex-Partner zurückgegangen bist, fühlt der andere sich sicher in Bezug auf dich. Eben das trägt erheblich zu dem toxischen Kreisel der Abwertung bei, weil ein Narzisst deinen Vertrauensvorschuss für sich zu nutzen weiß. Mit jedem On respektiert er dich weniger, weil er dem Irrglauben anheimfällt, er könne alles mit dir machen und du würdest dennoch immer wieder zu ihm zurückkehren.
Dein Vorteil ist:
- Zeige ihm, dass er falsch liegt. Richte dich auf und laß dir nicht alles gefallen. Selbst wenn du dein Erstarken zunächst faken musst, dich dazu zwingen musst, weil es eben noch nicht vollständig in dir herangereift ist, es wird in dir wachsen. Mit jedem Tag.
7. Sie mögen nicht, dich selbstständig zu sehen
Es mag profan klingen, doch die Berichte von Betroffenen aus der Praxis zeigen, dass ihre narzisstischen Ex-Partner geradezu überrascht bis wenig erfreut sind, wenn sie bemerken, dass die Verlassenen nun in einem Leben ohne den Narzissten sehr gut klarkommen. Dass der toxische Partner eben nicht mehr der Nabel der Welt für sie ist. Dass sie selbstständig ihr Leben leben und sogar zufrieden dabei sind. Manche Klienten aus der psychologischen Praxis berichten sogar, der narzisstische Ex-Partner hätte wütend und verzweifelt reagiert, wenn man ihm berichtete, dass es einem gut ginge. Und das obwohl der Narzisst einen verlassen hat. Ein durchaus unschöner Charakterzug, der aber häufig bei narzisstischen Menschen anzutreffen ist. Sie wollen dich als Partner nicht mehr. Aber sie wollen auch nicht, dass du ohne sie glücklich wirst.
Dein Vorteil ist:
- Dieses „Nicht gönnen können“ seitens eines Narzissten machst du dir bei deiner Selbstheilung zunutze. Denn auch aus dem Trotz und der Reaktanz können Menschen eine gewisse Stärke ziehen. Richte dich trotzig auf und werde stark und selbstständig. Im Vergleich zu vielen narzisstischen Charakteren, denen die Einsicht in ihr fehlerhaftes Verhalten fehlt, hast du die Möglichkeit, dich zu verändern und so zu mehr Zufriedenheit zu gelangen. Nutze diese Fähigkeit.
8. Sie mögen nicht deine innere Ruhe
So einige Klienten berichten, dass sie im Streit mit einem narzisstischen Partner oftmals dafür angeprangert wurden, wenn sie ruhig und gelassen blieben. Erst wenn sie dermaßen aufgescheucht waren, dass sie emotional eskalierten, war auf dem Gesicht des Narzissten ein geradezu befriedigtes Lächeln zu sehen.
Dein Vorteil ist:
- Es gibt nicht wenige Beziehungsexperten, die sagen, dass ein Mensch durch die Aufarbeitung der Beziehung mit einem Narzissten mehr und mehr zu sich selbst findet. Eventuell arbeitest du im Zuge des Trauerprozesses verschütt gegangene Traumata aus der Kindheit auf. Weil du für dich überlegst, warum du dich in der Beziehung so lange hast schlecht behandeln lassen. Im Laufe der Erkenntnisgewinnung und der Aufarbeitung, im Rahmen der Verarbeitung der Emotionen von Trauer, Wut und Rache kommst du immer mehr bei dir selbst an. Und du erlangst ein inneres Gleichgewicht.
Du siehst, deine Rachegefühle können ein Ausgangspunkt dafür sein, wie du deine Trauer seelisch verarbeiten kannst und du an deiner Vorstellung der Dinge, die Narzissten nicht mögen, seelisch reifen und erstarken kannst.