Um toxische Menschen auf Abstand zu halten, hilft es, zumindest teilweise zu verstehen, warum sie vermutlich so sind, wie sie sind. In unserem ersten Beitrag der dreiteiligen Artikelserie sind wir darauf eingegangen. Im zweiten Teil haben wir schon einige Kommunikationsstrategien besprochen, wie zum Beispiel, sich nicht auf die subtilen Degradierungen oder direkten Beleidigungen einzulassen, inhaltsbezogen beim Thema zu bleiben und notfalls das Gespräch zu beenden. Im dritten und letzten Teil folgen weitere Strategien, wie man Menschen mit destruktiven Verhaltensweisen und ihre verbalen Giftpfeile abwehren kann. Denn nicht immer ist ein physischer Abstand zu ihnen möglich, obwohl dieser in vielen Fällen vermutlich das Heilsamste für die eigene Psyche wäre. Funktioniert also ein klarer Bruch mit der Person nicht, sind die Herstellung einer größtmöglichen Distanz sowie ein innerer Abstand im Allgemeinen die Methoden der Wahl.

Anm.: Natürlich ist der Begriff „toxische Menschen“ psychologisch in Bezug auf seine ethische Angemessenheit zu hinterfragen. Dennoch empfinden es viele, die unter den verbalen Angriffen leiden, genau so, dass Menschen mit destruktiven Verhaltensweisen toxisch sind, weil ihre subtilen Abwertungen, Beschämungen und ständigen Machtspielchen wie Gift in die Seele einsickern. Damit Lesende und Schreibende zueinanderfinden, haben wir uns für diese Umschreibung entschieden.

Auch die Verhaltensweisen narzisstischer Menschen gehen oft mit einer gewissen Destruktivität einher, weshalb wir uns in dem Artikel vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Narzissmus-Debatte auch auf NarzisstInnen beziehen.

Ganz allgemein geht es in dieser Artikelserie nicht um irgendeine Schuldzuweisung, sondern um die Übernahme von Verantwortung, zu der jeder Beteiligte eines Gespräches seinen Teil dazu beitragen kann.

Hier sind also weitere Kommunkationstipps, um die Wahrscheinlichkeit für eine Konfrontation zu vermindern, bei Gesprächen, die andernfalls oft problematisch und eskalierend ablaufen würden.

Gesunde Kommunikation: Bleibe bei dir

Zwei junge Frauen reden

Mit einer positiven Gesprächsführung kommst du eher ans Ziel. © bidok Leicht Lesen under cc

Zu einer gesunden, gewaltfreien Kommunikation gehört es, dass du während des Gespräches bei dir bleibst. Viel zu oft sind wir gedanklich im Kopf des Gegenübers „drin“. Gerade wenn man seit langer Zeit in dysfunktionalen Partnerschaften ist und vielleicht sogar in einem problematischen Familiensystem mit impulsiven oder ambivalenten Eltern groß geworden ist, lernt man, beim anderen auf jeden Blick und jedes Schweigen zu achten, weil man die Eskalation fürchtet. Ein Herumschleichen um die andere Person und eine gedankliche Vorwegnahme ihrer Verhaltensweisen sind mögliche Folgen davon. Dadurch hoffen wir, besser vorbereitet zu sein, etwa mit einer passenden Reaktion, die beispielsweise das Gegenüber nicht erzürnt. People Pleasing, also das Zusprechen und Umschmeicheln einer anderen Person bis hin zur Unterordnung, ist eine Verhaltensweise, die viele im Zuge dessen häufiger an den Tag legen, um keinen unnötigen Unmut beim Gegenüber zu erzeugen.
Auf der anderen Seite neigen manche, die lange ihren Ärger heruntergeschluckt haben, in einer Konfrontation plötzlich dazu, wutentbrannt der anderen Person zu unterstellen, was diese für ein Mensch sei und welche Verhaltensweisen sie zukünftig vornehmen würde (Bsp. „Das machst du sowieso nicht. Das weiß ich schon jetzt. Du versuchst dich immer der Verantwortung zu entziehen.“). Solche Vorwürfe möchte natürlich niemand hören, selbst wenn in ihnen ein Körnchen Wahrheit stecken könnte. Besser ist es, im Gespräch gewaltfrei zu bleiben.

Verwende Ich-Botschaften

Ein geeigneteres Werkzeug, welches die Wahrscheinlichkeit für eine Eskalation verringert, ohne dass man seine Bedürfnisse aus den Augen verliert, ist, in Form von Ich-Botschaften das eigene Anliegen vorwurfsfrei zu formulieren.
Frage dich: Was möchte ich gerade? Wie fühle ich mich mit einer bestimmten Situation? Wie könnte man die Umstände so verändern, dass es für beide Beteiligte in der Diskussion passt?

Ein Beispiel für Ich-Botschaften in Zusammenhang mit der Fürsorgeabsprache für ein Kind nach einer partnerschaftlichen Trennung wäre:

„Ich fühle mich unwohl mit unserer getroffenen Entscheidung, dass unsere Tochter dreimal pro Woche zwischen uns wechselt. Mir wäre es lieb, wenn wir erneut darüber sprechen könnten. Ich würde mir wünschen, dass wir zu einem Kompromiss kämen, mit dem wir alle – du, sie und ich – uns wohlfühlen können. Wann hättest du Zeit für ein Gespräch?“

Wenn du in Kopf und Worten bei dir bleibst, kannst du zudem feststellen, dass es dich in einem Gespräch ruhiger sein lässt.

Durch Passiv-Sätze auf Abstand bleiben

Indem du Passiv-Sätze verwendest, gehst du auf die momentane Situation ein und nicht auf die Stimmung oder Persönlichkeit deines Gegenübers. Somit läufst du weniger Gefahr, dass ein anderer Mensch sich angegriffen fühlt. Ein Beispiel dafür könnte sein:

„Ich glaube, die Situation ist derzeit angespannt, weil das Thema uns beide emotional aufwühlt. Vermutlich kommen wir eher zu einer Lösung, wenn wir die Thematik erst einmal für einen Moment sacken lassen. Ich möchte mich erst einmal gedanklich ordnen. Mein Vorschlag wäre, ich rufe dich morgen an. Dann könnten wir darüber in Ruhe reden, vielleicht bei einem Kaffee und einem Stück Kuchen in der Bäckerei an der Ecke. Wie wäre das für dich?“

Toxische Beziehungen mit Menschen: Positive Gesprächsführung

Graffiti von Mann auf einer Wand, verschwommen

Toxische Menschen können andere in die Verzweiflung treiben. © Salim Virji under cc

Wie bereits im ersten Teil der Artikelserie besprochen, sind wir alle natürlich, aber eben auch besonders narzisstisch orientierte Personen, für Lob, Zuspruch und Anerkennung empfänglich. An einigen Kommunikationsbeispielen im zweiten Teil schimmerte die positive Gesprächsführung bereits durch. In deiner neuen Kommunikationsart kann es also hilfreich sein, die positiven Persönlichkeitsmerkmale und Verhaltensweisen deines Gegenübers authentisch und ohne Schmeichelei hervorzuheben. Auch solltest du fair bleiben und in einem normal zwischenmenschlichen Maße deinem Gegenüber für seinen Standpunkt in angemessener Weise Verständnis entgegenbringen. Ferner empfiehlt es sich, gerade wenn es um Absprachen geht, auch die Vorteile für eine Person mit einem narzisstischen Persönlichkeitsstil zu benennen, die eine bestimmte Kompromisslösung für sie bereithält. Zum Beispiel:

„Unser gemeinsamer Hund liebt dich, das weißt du doch. Puppi hat dich schon früher immer vermisst, sobald du auf die Arbeit gegangen bist. Was hältst du davon, wenn wir die Fürsorge aufteilen? Mein Vorschlag wäre, dass du den Hund von Donnerstag bis Sonntagmorgen hast und ich von Montag bis Donnerstagmorgen? So hättest du genügend Zeit mit ihm, da du am Freitag nur kurz und am Wochenende gar nicht arbeiten musst. Wir könnten sonntags ohne großen Druck die Übergabe gestalten. Was sagst du dazu?“

Natürlich dürfen wir nicht wieder Gefahr laufen, uns unterzuordnen. Deshalb müssen wir darauf achten, wirklich nur solche Kompromisse einzugehen, die wir auch einzugehen bereit sind. Unser Bauchgefühl wird diesbezüglich ein zunehmend sicherer Richtungsgeber werden.

Lob kombiniert mit Kritik

Ganz allgemein lässt sich für jeden Menschen auch Kritik besser verdauen, wenn man sie in einem ehrlich gemeinten Lob verpackt. Menschen mit narzisstischen Zügen haben auch viele positive Seiten und Stärken, die man benennen kann. Ein mögliches Beispiel für ein Gespräch mit einem Menschen, der toxische Verhaltensweisen mitbringt, wäre:

„Ich habe dich stets als eine Person erlebt, die einen starken Gerechtigkeitssinn hat. Deshalb glaube ich, dass wir Problem XY hinbekommen können.“

Keine Manipulation, sondern Diplomatie

Diese Tipps sollten nicht im Sinne einer Manipulation verstanden werden, vielmehr sind sie im Sinne einer wohlwollenden und konstruktiven Gesprächsführung gemeint, im Sinne von Diplomatie. Es ist eine auf Ressourcen orientierte Kommunikation.

Insbesondere wenn wir uns von Eltern, die problematische Verhaltensweisen aufweisen, nicht lossagen wollen, kann es helfen, neben einem ausreichenden Abstand zu ihnen auch eine neue Form der sozialen Beziehung aufzubauen, die vorbei an den Stänkereien und verbalen Giftpfeilen führt. Kurzum: Man überhört das Negative und fokussiert sich auf das Gute, dass dieser Mensch mit sich bringt und für einen getan hat.

Dabei geht es nicht darum, sich in eine Opferposition zu begeben und einen Menschen, der toxische Verhaltensweisen an den Tag legt, schalten und walten zu lassen, wie er möchte. Eine gesunde Abgrenzung, nur wenige Aufeinandertreffen und notfalls ein freundliches Beenden des Gespräches sind ebenfalls Mittel, mit denen man die neue Beziehung gestaltet. Es geht also vor allem darum, die eigenen Gedanken nicht von den verbalen Attacken einschwärzen und sich davon nicht vereinnahmen zu lassen. Durch die nötige Abgrenzung erlangen wir mehr inneren Frieden. Du betrachtest dein Gegenüber quasi aus der Distanz heraus, so als würdest du einen Film anschauen.

Nicht schulmeistern, sonst entsteht Streit

Manchmal könnte man beim Versuch einer gesunden Kommunikation dazu geneigt sein, in eine schulmeisternde oder gar therapeutisch beschwichtigende Tonart zu verfallen. Dadurch könnte dein Gegenüber den Eindruck erlangen, er wäre in deinen Augen, salopp formuliert, nicht ganz dicht im Kopf. Ein solcher Umgang würde sicherlich niemandem gefallen. Deshalb solltest du auf eine klare, wahrhaftig respektvolle Tonart achten und dem anderen auch zuhören sowie ihm nicht ins Wort fallen.

Toxische Verhaltensweisen bei Menschen: keine Konfrontation

Bei manchen Menschen, die aufgrund ihrer Vergangenheit gewohnt sind, sich zu verteidigen, kann ein Gespräch häufig eskalieren, da sie schnell wütend werden. Rückmeldungen wie „Ich verstehe, was du meinst“, „Da könntest du recht haben“ können zu einer Deeskalation beitragen.

Dennoch Einhaltung von Grenzen

Solltest du diejenige Person sein, welche beispielsweise die Trennung von einer Partnerschaft vollzogen hat, sei darauf vorbereitet, dass du auch in physischer Hinsicht eine verstärkte Grenzziehung vornehmen musst. Wenn dein Gegenüber sich nicht vorstellen kann, verlassen zu werden, wird er wahrscheinlich jedes Lächeln deinerseits, jeden zu tiefen Blick als eine Annäherung interpretieren. Vielleicht versucht der andere auch, deine Hand zu halten oder dich zu umarmen, dir einen freundlichen Klaps auf den Po zu geben etc. Diesbezüglich müssen klare Grenzen her. Zum Beispiel:

„Wir stehen nicht mehr in einer intimen Beziehung zueinander. Bitte verstehe, dass es mir unangenehm ist, wenn du mich anfasst.“

„Es wird für mich kein Zurück mehr in eine Beziehung mit dir geben. Ich möchte, dass du meine Meinung respektierst.“

Bei Kommunikation auf Gespür vertrauen

Aktenordner mit Beschriftung von Bank und Konto

Mit einer positiven Gesprächsführung hast du in sozialer Hinsicht mehr auf der Haben-Seite. © Tim Reckmann under cc

Diese allgemeinen Tipps stehen für eine richtungsweisende Kommunikation. Gerade für den Umgang mit Menschen, die toxische Gesprächsmuster besitzen, können diese Kommunikationsansätze bestenfalls eine ruhigere Gesprächsform mit sich bringen. Letztendlich kennst du die betreffende Person, wegen der du diese Artikelserie liest, am besten. Deshalb vertraue auf dein Gespür. Wenn du innerlich gut abgegrenzt bist, wirst du immer mehr instinktiv spüren, wie du am besten einen Menschen mit toxischen Verhaltensweisen zum Wohle deiner Seelenruhe auf Abstand halten kannst.

Warum die Schriftform manchmal besser ist

Manchmal hilft es, die Kommunikation in schriftlicher Form zu führen, via Chat beispielsweise. So kannst du stichhaltiger formulieren, was du meinst, und du kannst die Aussagen deines Gegenübers noch einmal nachlesen. Zu guter Letzt hast du einen Beleg über seine Aussagen, für den Fall, dass du doch einer weiteren Wahrnehmungsverwaschung anheimfällst. Gerade wenn es um die logistischen und Sorgerechtsbelange bei gemeinsamen Kindern geht, kann der schriftliche Austausch die bessere Wahl sein. So hast du unter Umständen einen Nachweis. Bei Face-to-Face-Kontakten empfiehlt es sich, nachträglich im Wortlaut die Sätze des anderen aufzuschreiben. Damit du nicht erneut Gefahr läufst, deine Wahrnehmung und Erinnerungen anzuzweifeln.

Kommunikation im zeitlichen Rahmen halten

Ein effektives Gespräch erfolgt nahezu immer in einem abgegrenzten zeitlichen Rahmen. Danach wird das Gesagte meistens nur noch bekräftigt, man wird ausschweifend und der rote Faden wird aus den Augen verloren. Mit der Zeit bekommst du ein Gespür dafür, wann die Fortführung eines Gespräches keine weiteren Erträge mehr bringt. Ist es soweit, beendest du den Dialog mit einer schlichten, aber ernstgemeinten Danksagung. Zum Beispiel:

„Ich danke dir für das offene Gespräch.“

„Ich freue mich, dass wir das so rasch klären konnten. Dankeschön.“

Umgang mit toxischen Angriffen: Sei geduldig mit dir

Anfangs wirst du sicherlich immer wieder Gefahr laufen, während eines Gespräches mit einem Menschen, der toxische Verhaltensweisen mitbringt, in alte Verhaltensmuster zurückfallen. Selbst wenn du es schaffst, dich zum Gesprächsauftakt noch ruhig zu verhalten, kann es im Verlauf der Diskussion wieder turbulenter werden. Durch die Sticheleien und Degradierungen wurde eine wütende oder verletzte Reaktion bei dir provoziert, obwohl du es überhaupt nicht wolltest. Das wiederholte missverstanden werden und die ständige Vorwurfshaltung dir gegenüber können zu Dünnhäutigkeit führen, sodass du gereizter wirst, als du es dir vorgenommen hast. Was folgt, sind diese Momente, in denen man sich nicht mehr zusammenreißen kann. Entscheidend ist, wie sehr wir es in einer solchen Situation schaffen, uns auf gesunde Weise zu entfernen und das Gespräch zu vertagen. Das Eine ist es, die Emotionen zu spüren, das Andere ist demgegenüber, nicht die eigenen Verhaltensweisen davon bestimmen zu lassen.

Dennoch schelte dich dafür nicht und habe Geduld mit dir. Jedes Mal, wenn du diese „Rückfälle“ in alte Verhaltensweisen bei dir beobachtest, sind sie ein weiterer Begrenzungsstein, der deinen zukünftigen Weg begradigt und dich auf diesem voranbringt.

Toxische Menschen: Freundlich zu bleiben, hilft dir

Klare, inhaltvolle Sätze, respektvoll und wohlwollend vorgetragen, helfen eurer Kommunikation und dir. Letztendlich kannst du dadurch besser loslassen, auch nach einem Gespräch. Andernfalls läufst du Gefahr, in die Falle der Schuldgefühle zu tappen. Du denkst dir dann vielleicht: Mist, habe ich mich vielleicht doch beleidigend oder herablassend verhalten? Je ruhiger und respektvoller du dich verhältst, desto weniger kann man dir vorwerfen. Und desto weniger Reue oder Schuldgefühle empfindest du im Anschluss über dein Verhalten. Toxische Menschen übernehmen weniger Verantwortung für ihr Verhalten. Mit dieser Form der Gesprächsführung stehen die Chancen höher, dass ein vernünftiges und effizientes Gespräch zustande kommt mit dem Ziel einer Einigung. Denn das Einzige, worauf du dich zum Beispiel im Umgang mit einer narzisstisch orientierten Person verlassen kannst, sind deine eigenen Grenzen.