ACT steht abgekürzt für Akzeptanz- und Commitment-Therapie. Die Abkürzung bezieht sich darüber hinaus auf das englische Wort »act«, also Handeln. Im Wesentlichen hat diese Form der Psychotherapie zwei Ansatzpunkte. Einerseits geht es darum, unangenehme Gefühle und Gedanken zu akzeptieren. Andererseits sollen die Klientinnen und Klienten in eine von ihren Werten geleitete Handlungsbereitschaft, in eine engagierte Verbundenheit mit sich selbst kommen.

ACT: kurz erklärt

Die Akzeptanz- und Commitment-Therapie ist ein kognitiv-verhaltenstherapeutischer Ansatz, der sich bei verschiedenen Diagnosen als hilfreich erwiesen hat.

Akzeptanz: das emotionale Erleben

Bei der ACT soll dem Menschen vermittelt werden, dem eigenen emotionalen Erleben mit Achtsamkeit und Selbstmitgefühl zu begegnen. Die innere und äußere Welt des Klienten oder der Klientin werden nicht bewertet. Statt also zu versuchen, die eigenen Ängste, inneren Barrieren und Sorgen irgendwie zu managen, sie zu bekämpfen oder zu verdrängen, begegnet man sich mit Freundlichkeit, achtsamem Wohlwollen und Akzeptanz.

Zwei Frauen schütteln sich die Hände

Bei der ACT geht es psychotherapeutisch um die Arbeit an einer engagierten Verbundenheit mit sich selbst. © JourneyPure Rehab under cc

Wenn wir uns weniger mit den eigenen Gefühlen identifizieren, uns nicht dafür schämen, verurteilen oder schuldig fühlen, sondern sie einfach annehmen, nehmen wir eine wertungsfreie Beobachtungsperspektive ein. Wir werden zu Beobachtenden unserer Empfindungen. Dadurch entsteht im Geiste eine größere Flexibilität, denn nun können wir uns für Neues öffnen.

Commitment: Konkrete Handlungsabsichten

Wer bin ich? Was möchte ich vom Leben? Welche Ziele verfolge ich? Welche Werte habe ich? Womit geht es mir gut und fühle ich mich in Einklang mit mir und dem Leben?

In der ACT werden Klientinnen und Klienten dazu animiert, zu verfolgen, was ihnen im Leben tatsächlich am Herzen liegt und welche Lebensziele sie realisieren wollen. Es geht darum, zielgerichtete Handlungsabsichten abzuleiten.

Komponenten der ACT

Im Allgemeinen setzt die ACT bei sechs Komponenten an. In Anlehnung an Dr. phil. Klaus Bader, Leiter der Verhaltenstherapie-Ambulanz der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel (Psychiatrie & Neurologie, 03/2014, ROSENFLUH Verlag), haben wir sie hier aufgeführt und Weiteres angefügt:

1. Akzeptanz

»Ich akzeptiere meine Gefühle und Gedanken.«

Im Rahmen der Akzeptanz- und Commitment-Therapie geht es für die Klientinnen und Klienten um die Akzeptanz ihrer Gefühle, Gedanken und körperlichen Empfindungen.

Die Gedanken, Gefühle und Empfindungen werden von ihnen beobachtet. Anstatt sie zu unterdrücken, zu bewerten oder zu bekämpfen, wird ihnen Raum gegeben und sie werden normalisiert. Die Emotionen zuzulassen, ist mit weniger Energieaufwand verbunden, als sie zu bekämpfen.
Mittels von Metaphern wird zu mehr Akzeptanz verholfen. Zum Beispiel anhand eines Vergleiches mit Treibsand: »Je mehr ich im Treibsand strampele, desto eher sinke ich ein.« Besser ich verhalte mich ruhig und koordiniert und sinke so nicht in meine Gefühlswelt ein.

2. Achtsamkeit

»Ich achte darauf, was im gegenwärtigen Moment passiert.«

Unser Leben ist oftmals ein Rausch von Gedanken und Handlungen. Ständig grübeln wir, planen, erledigen Aufgaben, sind gedanklich in der Vergangenheit verankert oder ängstigen uns über die Zukunft. Oft bleibt nur wenig Zeit für den Moment. Die Schulung eines achtsamen Erlebens im Hier und Jetzt ist ein weiterer Bestandteil der ACT.

Schachbrett mit schwarzen Figuren vorn

Die ACT steht für eine Perspektive, bei der man sich weniger als kämpfende Person auf einem Schachbrett wahrnimmt, sondern mehr als beobachtende Person, die auf das Schachbrett blickt. © Liza under cc

Durch zum Beispiel achtsamkeitsbasierte Interventionen wie Meditationen und Atemübungen lernen die Klientinnen und Klienten den Fokus auf den aktuellen Moment zu richten und bei sich zu sein.
Wo bin ich gerade? Wie klingen die Regentropfen auf dem Dach? Wie duftet frischer Kaffee? Wie schmeckt es, wenn man Schokolade bewusst auf der Zunge zergehen lässt? Wie fühlt sich eine heiße Dusche auf der Haut nach einem anstrengenden Tag an? Wie schön sieht der Sonnenaufgang am Morgen aus? Auch diese Ausrichtung auf die fünf Sinne verhilft zu mehr Achtsamkeit im Alltag. Durch das Genusstraining werden beispielsweise wieder mehr Genussmomente und das bewusste Erleben des Augenblicks fokussiert.

3. Defusion

»Gedanken und Emotionen bilden nicht zwangsläufig die Realität ab.«

Gemäß der ACT lassen sich gegenüber der eigenen Gedanken- und Gefühlswelt zwei Haltungen an den Tag legen: Fusion und Defusion. Befindet man sich in einem Zustand der Fusion, verschmilzt man mit den eigenen Emotionen und Gedanken. Man nimmt sie als Realität an, kreiselt immer wieder in den gleichen Gedankenspiralen und lässt innerhalb dieses emotionalen und gedanklichen Rahmens häufiger Verhaltensimpulse folgen, aus denen man nicht wirklich ausbrechen kann.
Im Zustand der Defusion dagegen kannst du dich aus deinen gedanklichen und emotionalen Verstrickungen lösen. Du kannst sie beobachten, benennen und musst dich nicht von ihnen leiten lassen. Du kannst Gedankenkreisläufe unterbrechen.

Je nach vergangener Prägung, der momentanen Verfassung oder sogar aktuellen Stimmungslage bewerten wir Situationen manchmal unterschiedlich. Nicht jeder Gedanke oder jedes Gefühl bildet also zwangsläufig die Realität ab oder ist als Tatsache anzusehen. Gedanken sind quasi kognitive Vorschläge unseres Gehirns. Macht man sich das bewusst, kann man in mehr Abstand zu den eigenen Gedanken und Emotionen gehen und Gedankenspiralen unterbrechen.
Im therapeutischen Kontext wird durch das langsame oder schnelle oder singende Aussprechen der Gedanken mehr innerer Abstand dazu erzeugt. Sie werden dadurch von ihrer Bedeutung getrennt. Alleine schon die Variante: »Ich habe gerade den Gedanken/die Emotion in mir, dahingehend dass …«, sorgt dafür, dass wir durch die Benennung Abstand zu unserem gedanklichen und emotionalen Erleben nehmen können und es als weniger wahrhaftig und allgemeingültig annehmen.

4. Beobachter-Selbst

»Ich bin nicht meine Gedanken und Gefühle, sondern die Gedanken und Gefühle sind lediglich für den Moment in mir.«

Viele Personen denken für sich, dass sie nun einmal so sind, wie sie sind. Doch ein unnachgiebiges Selbstkonzept würde keine Veränderung zulassen. Anstatt sich also über Misserfolge, Fehler, negative Umstände oder festgelegte Glaubenssätze und Annahmen zu definieren, nimmt man einen inneren Abstand zu sich selbst ein. Man lässt die Gedanken, Bewertungen und Gefühle vorbeiziehen und erfährt die Ereignisse aus der Perspektive eines stabilen Beobachter-Selbst heraus. Beispielsweise nehmen wir uns als ein Haus wahr, das unterschiedlich eingerichtet werden kann.

Wir müssen unser Selbst nicht von den Gefühlen, Gedanken, Prägungen und Bewertungen einnehmen oder davon bestimmen lassen. Unser Selbstwert hängt nicht von ihnen ab. Wir können sie vorbeiziehen lassen und unabhängig davon weiter unseren Weg gehen.
Beispielsweise können wir uns als Kämpfende auf einem Schachbrett wahrnehmen oder als Beobachtende, die auf das Schachbrett blicken.

… strebt die Akzeptanz- und Commitment-Therapie einen Perspektivenwechsel an: das Beobachter-Ich. Es lässt Bewertungen, Gefühle und Gedanken kommen und gehen, statt sich mit ihnen zu identifizieren oder sich von ihnen gefangenzunehmen. „Du bist nicht deine Gedanken, Gefühle, Erinnerungen oder Rollen“ ist eine zentrale Botschaft in diesem Kernprozess …

zitiert nach ACTitude

5. Klarheit der Werte

»Worauf kommt es für mich wirklich im Leben an?«

Ein zufriedenes psychisches Erleben wird oftmals dadurch gewährleistet, dass Menschen in Einklang mit ihren Werten leben. Sind sie demgegenüber von ihren Werten entfremdet oder kennen sie diese nicht, können Gefühle der Leere, Unzufriedenheit, inneren Anspannung etc. auftreten. In der ACT legen Klientinnen und Klienten den Fokus auf das Eruieren ihrer Werte. Sie überlegen für sich, was ihnen im Leben wichtig ist und wofür sie stehen möchten.

Eine mögliche Variante der Bewusstmachung wäre beispielsweise: Was möchte ich, dass andere Personen zu einem Ehrentag über mich als Person sagen? Welche Werte erkennen sie in mir?

6. Handlungsbereitschaft/Commitment

Auge des Sturms bei Wolken

Einer der Aspekte von therapeutischer Arbeit ist es, Emotionen wie bei einem Sturm vorüberziehen zu lassen und nicht mehr impulsgeleitet zu reagieren. © Alexander Gerst under cc

»Ich gehe mein Leben im Sinne meiner Werte aktiv an.«

Den eigenen Zielen, Bedürfnissen und Werten zu folgen, sorgt für eine hohe Selbstwirksamkeit und steigert das Wohlbefinden. Vermeidet man ein engagiertes und aktives Angehen der eigenen Werte und Ziele, kann das zu Ängsten, Unzufriedenheit und Groll beitragen.
Manchmal erscheinen einem die Ziele wie ein unüberwindbarer Berg. Lieber möchte man das Angehen dieser Ziele vermeiden, da man andernfalls fürchtet zu scheitern. In dem Fall hilft es, das große Ziel oder die große Aufgabe in Teilziele beziehungsweise Teilaufgaben herunterzubrechen und nach und nach anzugehen.

  • Auf welche Etappen kann ich mein Ziel herunterbrechen?
  • Was kann ich konkret zur Realisierung dessen tun?
  • Warum bin ich bisher häufiger in die Vermeidung gegangen und wie kann ich zukünftig trotzdem weiter entschlossen vorangehen?
  • Wie gehe ich mit potentiellen Rückschlägen um, ohne mich von ihnen entmutigen zu lassen?

ACT ist ressourcenorientiert

In der ACT wird die Akzeptanz sich selbst gegenüber und die Selbstwirksamkeit der Klientinnen und Klienten gestärkt. Dazu werden unter anderem Metaphern, praxisnahe und erlebnisorientierte Übungen genutzt. So kommen die Klientinnen und Klienten nicht nur ins kognitive Erkennen, sondern auch ins Fühlen, ins Erleben, was eine tiefere und nachhaltigere Änderung mit sich bringen kann.

Die Interventionen zielen darauf ab, die Patienten gemäss den sechs Prozessen zu befähigen, sich ihren emotionalen Regungen gegenüber zu öffnen und sie so anzunehmen, wie sie sind, sich aus der Verstrickung mit den eigenen Gedanken zu lösen, im gegenwärtigen Moment präsent zu sein, sich von konstruierten Bildern von sich selbst zu befreien, sich mehr Klarheit darüber zu verschaffen, was für das eigene Leben wirklich wichtig ist, und sich durch engagiertes Handeln auf diese Werte hin auszurichten. Auch wenn die ACT mit diesem Vorgehen nicht direkt auf die Reduktion von Symptomen abzielt, lässt sich diese in Wirksamkeitsstudien mit hohen Effektstärken nachweisen.

zitiert nach Dr. phil. Klaus Bader, Leiter Verhaltenstherapie-Ambulanz, Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel (Psychiatrie & Neurologie, 03/2014, ROSENFLUH Verlag)

Mit der ACT soll eine größere psychische Flexibilität im Umgang mit den zukünftigen Herausforderungen des Lebens erreicht werden. Statt uns von Gedanken und Emotionen vereinnahmen zu lassen, schaffen wir es zukünftig mit mehr Abstand und bewusster zu reagieren. Insgesamt ist die ACT, also die Akzeptanz- und Commitment-Therapie, ein wertungsfreier und ressourcenorientierter Ansatz, der dem Menschen die Befähigung an die Hand gibt, sich selbst zu akzeptieren, die Gedanken- und Gefühlswelt zu normalisieren und das eigene Leben aktiv in die Hand zu nehmen.