Selbstwertgefühl von Kindern stärken – für die meisten Eltern etwas, was sie ihrem Kind fürs Leben mitgeben wollen. Doch so gut das Ansinnen auch ist, nicht in jedem Moment lässt es sich umsetzen. Eigene negative Prägungen aus der Kindheit, Ängste, Sorgen und Überlastungen im Alltag führen mitunter dazu, dass wir uns als Eltern manchmal »daneben« benehmen. Plötzlich erwischen wir uns dabei, wie wir dem Kind ein schlechtes Gefühl geben, ihm mit etwas Angst machen oder Schuldgefühle erzeugen. Wir legen dann die gleichen Verhaltensmuster an den Tag, wie es vielleicht unsere Eltern auch mit uns getan haben.
Wir als Eltern sind keine Roboter und sowieso schon stark belastet durch die Balance von Beruf und Familie, wir verhalten uns nicht immer perfekt. Auch das darf den Kindern gegenüber kommuniziert werden. Wir sind Menschen, die Fehler machen und die sich anschließend dafür entschuldigen und versuchen, sich zu bessern. Auch wir als Eltern befinden uns auf dem Weg der individuellen Entwicklung, Reifung. Ein Umgang auf Augenhöhe mit dem Kind gelingt leichter, wenn wir das für uns so verinnerlichen. Gemeinsam lernen, gemeinsam wachsen – im Rahmen einer Erziehung, die erklärbare Grenzen setzt und die Gleichwürdigkeit des Kindes berücksichtigt.
Selbstwertgefühl von Kindern stärken: Was uns bewusst sein sollte
Kinder sind ein Stück weit wie leere Seiten eines Buches, und die Worte, die wir als Eltern oder Erziehungsberechtigte wählen, füllen diese Seiten. Unsere Sätze, Reaktionen und Emotionen, die wir ihnen entgegenbringen, beeinflussen, wie sie sich selbst und die Welt wahrnehmen. Unser Verhalten formt ihre innere Stimme – jene Stimme, die sie ihr Leben lang begleiten wird. Doch welche Stimme möchtest du in deinem Kind hinterlassen? Eine, die Zweifel und Angst sät, oder eine, die Mut und Selbstvertrauen fördert?
Verurteilungen führen zu Selbstzweifeln

Selbstbewusste Kinder sind bestens vorbereitet für den Lebensweg. © Vladimir Pustovit under cc
Kinder nehmen unsere Reaktionen auf ihr Verhalten wahr. Wenn sie das Gefühl haben, ständig bewertet oder kritisiert zu werden, entsteht Unsicherheit. Statt Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu entwickeln, beginnen sie, sich selbst zu hinterfragen: Bin ich gut genug? Mache ich es richtig? Solche Selbstzweifel können sich tief in ihr Selbstbild eingraben und sie ein Leben lang begleiten.
Gerade Kinder, die vom Temperament her eher introvertiert sind, brauchen diese Stütze als Gegenpol, ohne dass man sie in ihrer Schüchternheit verbiegt, denn auch ein solches Temperament ist zu akzeptieren.
Ständige Kritik führt zu »Klein fühlen«
Jeder Mensch sollte sich akzeptiert und wertgeschätzt fühlen, erst recht Kinder. Sie reagieren in ihrer Entwicklung sensibel auf Ablehnung und Kritik. Kinder möchten gemocht und anerkannt werden, und wenn sie häufig ablehnende Reaktionen oder übermäßige Kritik erfahren, kann das tiefgreifende Auswirkungen auf ihr Selbstbewusstsein haben.
Wenn Kinder immer wieder den Eindruck bekommen, dass sie »es nie richtig machen können« oder nicht den Erwartungen entsprechen, entwickeln sie das Gefühl, dass sie sich ständig anpassen müssen, um Anerkennung zu finden. Das kann dazu führen, dass sie sich selbst in den Hintergrund stellen und ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche zurückhalten, nur um Konflikte zu vermeiden oder um zu gefallen. Sie lernen, dass es sicherer ist, sich zurückzunehmen und den Erwartungen anderer zu entsprechen, anstatt sich selbst treu zu bleiben und ihre eigenen Wünsche zu verfolgen.
Angst vor Fehlern
Diese ständige Anpassung kann auch zu einer Angst vor Fehlern führen. Kinder, die in einem Umfeld aufwachsen, in dem Fehler bestraft oder negativ bewertet werden, entwickeln möglicherweise die Vorstellung, dass sie keine Fehler machen dürfen. Diese Angst vor Fehlern kann so tief verankert sein, dass sie ihre Selbstwahrnehmung und ihr Handeln beeinflusst. Sie entwickeln eine Unsicherheit über ihre Fähigkeiten und ihren Wert, was sie daran hindert, sich weiter auszuprobieren und neue Herausforderungen anzunehmen. In der Folge bleiben sie in gewisser Weise »klein« – sie schränken ihr eigenes Potenzial ein, weil sie sich nicht trauen, sich selbst und ihre Fähigkeiten voll zu entfalten.
Das bedeutet, dass sie möglicherweise Chancen verpassen, sich weiterzuentwickeln, weil sie ständig auf die Bestätigung von außen angewiesen sind und aus Angst vor Ablehnung oder Misserfolg vermeidend handeln. Ihr Selbstwertgefühl ist dann weniger von ihren eigenen Stärken und Erfolgen geprägt, sondern stark von der Anerkennung und Zustimmung der anderen.
Lieber liebevolle Rückmeldungen
Das heißt nicht, dass ein Kind nur Positives hören muss. Eine ehrliche Rückmeldung lässt es wachsen, aber diese kann liebevoll zusprechend erfolgen, ohne dass sie persönlich wird. Es macht einen Unterschied, ob wir sagen: »Du hast das schon wieder falsch gemacht, wieso begreifst du das denn nicht?«, oder ob wir sagen: »Du hast dich schon verbessert und ich sehe, wie sehr du dich bemühst. Um etwas gut zu können, muss man es immer wieder üben. Und du bist auf dem besten Weg dahin, das Thema in Mathe zu verstehen. Klasse! Mach weiter so und gib nicht auf. Das wird schon!«
Selbstbild aus Reaktionen der Eltern

Manche Kinder sind von Natur aus introvertiert, auch sie profitieren von dem elterlichen Zuspruch. © FRE Lens under cc
Ein Kind stellt nicht von selbst in Frage, wer es ist. Es entwickelt sein Selbstbild nicht nur, aber besonders auch durch die Reaktionen und Worte der Eltern, denn ein Kind sieht sich anfangs durch die Augen seiner Eltern. Deine Reaktionen und deine Art, mit deinem Kind umzugehen, bestimmen, wie es sich selbst sieht. Wenn du deinem Kind vermittelst, dass es wertvoll, klug und liebenswert ist, wird es genau das glauben. Doch wenn du ihm zeigst, dass es ständig Fehler macht oder nicht genug ist, wird es auch das verinnerlichen.
Gesehene Kinder vertrauen sich
Wertschätzung und Anerkennung sind essenziell, um das Selbstwertgefühl von Kindern zu stärken. Kinder, die das Gefühl haben, gesehen und akzeptiert zu werden, entwickeln ein tiefes Vertrauen in sich selbst. Sie wissen, dass sie richtig sind, wie sie sind, und trauen sich, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Sie entwickeln ein positives Selbstverständnis.
Bestätigung in sich finden
Kinder, die sich verstanden fühlen, müssen nicht als Erwachsene nach Anerkennung suchen. Sie wissen bereits, dass sie wertvoll sind. Eltern können dies fördern, indem sie ihrem Kind zuhören, auf seine Bedürfnisse eingehen und es in seinen Gefühlen ernst nehmen. Das gibt dem Kind das Gefühl, wertvoll und angenommen zu sein.
Findet ein Mensch sich in sich selbst bestätigt, läuft er nicht Gefahr in destruktiven Beziehungen mit emotional nicht verfügbaren Menschen nach Anerkennung zu suchen, wie zum Beispiel in On-Off-Beziehungen mit einem fortwährenden Wechsel aus Nähe und Distanz.
Ungeduld wird zu Angst
Kinder spüren unsere Emotionen. Wenn wir oft ungeduldig sind, lernen sie, dass sie sich ständig beeilen oder perfektionieren müssen. Das kann zu innerer Unruhe und Angst vor Fehlern führen. Stattdessen hilft es, Geduld und Verständnis zu zeigen, nicht immer leicht in der Hektik des Alltags. Dennoch sollten wir versuchen, so gut es geht, Ruhe hineinzubringen und für schwierige Herausforderungen bewusst mehr Zeit einzuplanen. So lernt ein Kind, dass es sich in seinem eigenen Tempo entwickeln darf.
Enttäuschung wird zu Scham
Wenn Kinder das Gefühl haben, dass sie unsere Erwartungen nicht erfüllen, fühlen sie sich nicht nur minderwertig. Die häufige Enttäuschung der Eltern führt dazu, dass sie Scham empfinden und sich schuldig fühlen. Ein Mensch, der diese Empfindungen als Muster verinnerlicht, wird sich auch später schneller schuldig und beschämt fühlen. Er wird seine eigenen Grenzen nicht wahren können, vielleicht auch viel zu sehr Verantwortung für das Verhalten anderer Menschen übernehmen, was selbstredend nicht sein sollte. Einem solchen Menschen kann man schneller Schuld einreden, beispielsweise in toxischen Beziehungen. Wertschätzung für ihre individuellen Fähigkeiten kann diesem negativen Muster entgegenwirken.
Bedingungslose Liebe = Selbstwert

Aus selbstbewussten Kindern werden selbstbewusste Erwachsene. © Paul Miller under cc
Kinder, die spüren, dass sie bedingungslos geliebt werden, entwickeln einen starken Selbstwert. Sie wissen, dass sie nicht perfekt sein müssen, um wertvoll zu sein. Sie müssen nichts leisten, um von den Eltern anerkannt zu werden. Das gibt ihnen das Selbstvertrauen, mutig durchs Leben zu gehen und Herausforderungen anzunehmen.
Deine Worte – ihr innerer Monolog
Was wir unseren Kindern sagen, wird Teil ihrer inneren Stimme. Wenn wir ihnen Mut zusprechen, wird ihr innerer Monolog ebenfalls ermutigend sein. Wenn wir sie herabsetzen, wird diese Stimme kritisch und negativ. Die Worte, die du heute wählst, werden zu den Gedanken deines Kindes in der Zukunft. Deshalb ist es wichtig, bewusste und liebevolle Worte zu wählen. Du erziehst nicht nur ein Kind – du formst die Stimme, die es sein Leben lang hören wird.
Ein guter Umgang: Quicktipps
Hier sind einige Empfehlungen für Eltern, wie sie das Selbstwertgefühl von Kindern stärken können:
- Wertschätzung ausdrücken: Gebe nicht nur Lob für gute Leistungen, sondern auch für Bemühungen, Kreativität oder mutige Schritte.
- Fehler als Lernchancen betrachten: Fördere eine Atmosphäre, in der Fehler nicht bestraft, sondern als natürliche Schritte im Lernprozess verstanden werden. Zeige deinem Kind, dass es durch Fehler wachsen kann.
- Offene Kommunikation: Höre aktiv zu, ohne sofort zu urteilen. Gebe deinem Kind Raum, seine Gedanken und Gefühle zu äußern. Bestätige, dass seine Perspektive gehört und respektiert wird.
- Selbstbestimmung fördern: Gebe deinem Kind bei Entscheidungen Raum, um Verantwortung zu übernehmen, je nach Alter und Fähigkeit. Dies stärkt das Selbstbewusstsein und das Gefühl, gehört und ernst genommen zu werden.
- Emotionale Unterstützung: Sei da, um dein Kind zu trösten und zu unterstützen, wenn es Schwierigkeiten hat. Zeige Verständnis und biete Lösungen an, ohne zu bevormunden.
- Grenzen respektieren: Achte darauf, die physischen und emotionalen Grenzen des Kindes zu respektieren. Dränge es nicht, wenn es sich unwohl fühlt, und ermutige es gleichzeitig, auf seine eigenen Grenzen zu achten.
- Konstruktive Kritik statt negativer Bewertungen: Statt das Verhalten des Kindes negativ zu bewerten, biete konstruktive Hinweise. Vermeide Pauschalaussagen wie »Du bist faul« und fokussiere dich auf das Verhalten, z. B. »Es wäre gut, wenn du es noch einmal versuchst, weil …«.
- Unabhängigkeit fördern: Helfe deinem Kind, eigene Lösungen für Probleme zu finden, anstatt sofort einzugreifen. Dies stärkt das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und fördert das Selbstwertgefühl.
- Vorbild sein: Lebe als Elternteil das Verhalten vor, das du dir wünschst. Wenn du selbst respektvoll, achtsam und selbstbewusst bist, wird das Kind diese Werte eher übernehmen.
- Emotionale Intelligenz fördern: Helfe deinem Kind, seine Emotionen zu benennen und zu verstehen. Dadurch entwickelt es ein besseres Verständnis für sich selbst und lernt, emotionale Herausforderungen zu meistern.
- Gegenseitiger Respekt: Behandele dein Kind auf Augenhöhe. Zeige, dass auch seine Meinungen und Entscheidungen respektiert werden, was das Gefühl der Gleichwürdigkeit und des Vertrauens stärkt.
- Freude an Prozessen betonen: Helfe deinem Kind, den Fokus auf den Prozess, nicht nur auf das Ergebnis zu legen. Das bedeutet, dass das Ausprobieren und die Anstrengung selbst genauso wertvoll sind wie das Endergebnis.
- Selbstreflexion anregen: Ermutige dein Kind, über eigene Erfahrungen nachzudenken und daraus zu lernen. Dies fördert das kritische Denken und hilft dem Kind, sich selbst besser zu verstehen.
- Lob für die Persönlichkeit und Werte: Hebe nicht nur Leistungen hervor, sondern auch positive Eigenschaften wie Mitgefühl, Hilfsbereitschaft oder Ehrlichkeit. Dadurch fühlt sich das Kind in seiner gesamten Persönlichkeit anerkannt und nicht nur für das, was es tut.
Unsere Worte und unser Verhalten können eine Quelle der Unsicherheit für unsere Kinder sein oder das Selbstwertgefühl von Kindern stärken. Wie gesagt: Wir sollten uns nicht schelten, wenn es uns nicht zuverlässig gelingt, ein angemessenes Verhalten an den Tag zu legen, weil wir in alte Prägungen abrutschen oder gestresst sind, aber wir sollten es immer weiter versuchen. Mit jedem Mal wird es uns leichter fallen, der stärkende Umgang auf Augenhöhe wird zur Gewohnheit. Wenn wir unseren Kindern zeigen, dass sie wertvoll, geliebt und fähig sind, werden sie genau das in sich selbst erkennen. Sie entwickeln ein positives Selbstverständnis von sich, können sich Herausforderungen stellen, ohne dass gemachte Fehler oder Misserfolge ihren Selbstwert einreißen.
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