In vielen Situationen wollen uns Berater mit einem Rat zu gewissen Handlungen motivieren. Ob es nun die Verkäuferin ist, die betont, wie modisch die Schuhe doch seien und dass wir sie daher unbedingt kaufen sollten oder der Versicherungsagent, der uns die Gefahren mangelnden Versicherungsschutzes aufzeigt und anschließend zum Abschluss einer Versicherung rät. Für den Berater ist mit der Übernahme seiner Empfehlung in der Regel ein höherer Profit verbunden. Der Kunde hingegen stellt sich anschließend möglicherweise die Frage, warum er sich für ein Produkt entschieden hat, was er ursprünglich gar nicht kaufen wollte.
Wie treffen Menschen Entscheidungen?
Die Beratungsforschung geht davon aus, dass neben der Beschaffenheit und des Preises eines Produktes auch menschliche Wirkfaktoren wie die Eigenschaften des Beraters, des Rates und des Klienten die Übernahme der Empfehlung beeinflussen.
Eigenschaften des Beraters
Hohe Expertise
Viele Studien konnten zeigen, dass sich die Expertise des Beraters positiv auf die Annahme der Empfehlung auswirkt (De Vries & Wilke, 1995; Harvey & Fischer, 1997; Jungermann & Fischer, 2005; Sniezek & Van Swol, 2001). Es ist daher von Vorteil, wenn Unternehmen Berater beschäftigten, deren Kompetenz und Fachkenntnis gut sind.
Vorbild
Des Weiteren sind Klienten empfänglicher für Ratschläge von Beratern mit höherem Alter, Bildung, Lebenserfahrung und Weisheit als sie selbst (Feng & MacGeorge, 2006). Dem Berater wird somit eine gewisse Vorbildfunktion zugeschrieben. Herrscht dieses Vorbild vor, wird dessen Meinung tendenziell höher gewichtet als die eigene.
Sicherheit
Auch spielt selbstbewusstes Auftreten eine große Rolle. In vielen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Ratschläge, die von selbstsicheren Beratern gegeben werden, häufiger befolgt werden als Empfehlungen von weniger überzeugt wirkenden Beratern. Das liegt daran, dass der Kunde hohe Sicherheit mit hoher Expertise des Beraters gleichsetzt. (Lawrence & Warren, 2003; Phillips, 1999; Sniezek & Buckley, 1995; Sniezek & Van Swol, 2001; Van Swol & Sniezek, 2005; Yaniv, 1997).
Eigenschaften des Rates
Deutlichkeit des Rates
Eindeutiger Rat wird häufiger übernommen, als detailliertere, genauere Empfehlungen. Berater, die ohne Einschränkung zu einem gewissen Produkt geraten haben, wurden vom Kunden als selbstsicherer wahrgenommen. Diese haben daher seinen Rat stärker gewichtet (Yates et al., 1996).
Übereinstimmung mit anderen Beratern
Stimmt die Empfehlung eines Beraters mit der anderer Berater überein, so wird dies vom Klienten als Signal für eine hohe Qualität des Rates angesehen (Sniezek & Buckley, 1995). Als Folge fühlt sich der Kunde sicherer und ist eher bereit, den Rat in die Tat umzusetzen (Budescu & Rantilla, 2000).
Merkmale des Klienten
Wissen im Vorfeld
Es gibt auch spezifische Eigenschaften beim Klienten, die einen Bezug zur Annahme des Rates aufweisen. Besitzt der Kunde ein geringes Wissen über den Entscheidungsgegenstand und hat mit diesem im Vorfeld auch wenig Erfahrung gesammelt, ist er aus eigener Unsicherheit heraus eher dazu geneigt, den Rat zu übernehmen (Harvey & Fischer, 1997, Sniezek & Buckley, 1995). Yaniv (2004) konnte hingegen für die kenntnisreichen Klienten nachweisen, dass die Gewichtung von Ratschlägen umso mehr abnahm, je stärker diese von deren Meinung abwichen.
Absichten
Tendiert der Kunde schon vor dem Gespräch zu einer Entscheidungsrichtung und fühlt er sich in seinen Absichten vom Berater unterstützt, führt dies eher zur Übernahme des Rates. Weicht die Meinung wiederum von dem Vorhaben des Klienten zu stark ab, wird der Rat eher abgelehnt (De Vries & Wilke, 1995).
Quellenangaben
- Budescu, D.V. & Rantilla, A.K. (2000). Confidence in aggregation of expert opinions. Acta Psychologica, 104, 371-398.
- De Vries, S. & Wilke, H.A.M. (1995). An adviser in resource management situations: Configural weighing of recommendations. Journal of Economic Psychology, 16, 115-135.
- Feng, B. & MacGeorge. E.L. (2006). Predicting receptiveness to advice: Characteristics of the problem, the advice-giver, and the recipient. Southern Communication Journal, 71, 67-85.
- Harvey, N. & Fischer, I. (1997). Taking advice: Accepting help, improving judgment, and sharing responsibility. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 70, 117-133.
- Jungermann, H. & Fischer, K. (2005). Using expertise and experience for giving and taking advice. In T. Betsch & S. Haberstroh (Hrsg.), The routines of decision making (S. 157-173). Mahwah, NJ: Lawrence Erlbaum.
- Lawrence, M. & Warren, M. (2003, November). Are judgmental forecasts impacted by the source of the advice? Dokument wurde beim jährlichen Treffen der Society for Judgment and Decision Making präsentiert, Vancouver, BC.
- Phillips, J.M. (1999). Antecedents of leader utilization of staff input in decision-making teams. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 77, 215-242.
- Sniezek, J.A. & Buckley, T. (1995). Cueing and cognitive conflict in judge-advisor decision making. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 62, 159-174.
- Sniezek, J.A. & Van Swol, L.M. (2001). Trust, confidence and expertise in a judge-advisor system. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 84, 288-307.
- Van Swol, L.M. & Sniezek, J.A. (2005). Factors affecting the acceptance of expert advice. British Journal of Social Psychology, 44, 443–461.
- Yaniv, I. (1997). Weighting and trimming: Heuristics for aggregation of judgments under uncertainty. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 69, 237-249.
- Yaniv, I. (2004). Receiving other peoples’s advice: Influence and benefit. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 93, 1-13.
- Yates, J.F., Price, P.C., Lee, J. & Ramirez, J. (1996). Good probabilistic forecasters: The ‚consumer’s‘ perspective. International Journal of Forecasting, 12, 41-56.