Joachim ist ein Objektophiler. Im zweiten Teil des exklusiven Interviews auf psymag.de spricht er über Beziehungstrennungen und was er sich von der Gesellschaft wünscht.
Objektophile empfinden ja jegliche Art von Gefühlen in ihren Beziehungen. Wie merken Sie persönlich, wenn eine Liebe zu Ende geht? Wie trennt man sich von seinem Liebespartner/seiner Liebespartnerin?
Ebenso wie der Entstehungsprozess einer Beziehung und Liebe, so ist es ebenso ein langsamer Prozess, wenn Gefühle sich zurückentwickeln und womöglich irgendwann einmal nicht mehr so intensiv sind. Nicht anders läuft es ja auch in zwischenmenschlichen Beziehungen. Alltag, Routine. Man hat sich irgendwann vielleicht nichts mehr zu sagen und entwickelt sich in unterschiedliche Richtungen. Mit dieser Entwicklung ändern sich Interessen, Bedürfnisse, machen alte den neuen Platz.
Ich kenne es aus meiner Erfahrung meist so, dass ich mich in etwas Neues verliebt habe und diese Liebe langsam die alte Liebe abgelöst hat. Wenn etwas vertraut und liebgewonnen ist, hält man natürlich daran fest, selbst wenn man spürt, dass sich da etwas verändert. Man will es möglichst lange nicht zulassen, obwohl der Ablösungsprozess längst begonnen hat. Der Prozess kann mitunter sehr schmerzlich sein, in eben dieser Erkenntnis, dass eine innerliche Trennung passiert.
Mit der äußerlichen Trennung ist es so eine Sache, da ein Objektpartner im Gegensatz zu einem menschlichen Partner nicht so einfach von selber geht. Darum behält man ihn meist erst einmal, sozusagen auf freundschaftlicher Basis.
So habe ich meine Orgel damals noch einige Jahre lang behalten, obwohl ich sie nicht mehr als meine Partnerin empfunden habe. Es steckte dennoch weiterhin lange viel Herzblut in dieser Beziehung. Über die Jahre unternahm ich mehrere Versuche, einen neuen Besitzer für sie zu finden, auch wenn es sich in dem Zusammenhang seltsam anhören mag, seine Ex-Liebe zu „verkaufen“. Es sind jedoch einfach die äußeren Umstände und gegebenen Optionen, für die man sich entscheiden muss.
Als es dann eines Tages soweit war, dass sie vom neuen Besitzer abgeholt wurde, war da zunächst noch etwas Wehmut, dann aber fühlte ich mich mehr und mehr erleichtert, diesen Schritt endlich getan zu haben. Es war irgendwann einfach der Zeitpunkt für die komplette Trennung gekommen.
Erfahren Sie irgendwelche Beeinträchtigungen in Ihrem Leben durch die Objektophilie, also durch Ihre ungewöhnliche Liebe zu Gegenständen?
Manchmal wünsche ich mir natürlich schon, meine Liebe irgendwohin, z.B zu einem Treffen oder Besuch bei eingeweihten oder gleichgesinnten Freunden, mitnehmen zu können oder mit aller Selbstverständlichkeit im Doppelpack als Paar mit ihr irgendwo zu erscheinen oder eingeladen zu werden und auch als Paar mit gleicher Selbstverständlichkeit wahrgenommen zu werden. Es ist jedoch so, aufgrund der gegebenen Umstände, dass es nun einmal nicht geht, dennoch empfinde ich es für mich nicht als Beeinträchtigung.
Eine andere Sache ist natürlich die Wahrnehmung einer objektophilen Liebe in der Öffentlichkeit. Ein Outing, selbst wenn man selber voll dahinter steht, wo, wie, bei wem und unter welchen Umständen, das will, erst recht bei so einem schwierigen und sensiblen Thema, äußerst gut und sorgfältig überlegt sein, ob man sich einer Menge Vorverurteilung, Spott, Anfeindung, aufgrund von Unkenntnis, Verunsicherung und Überforderung aussetzen möchte.
Empfinden Sie sich als anders?
Nein, denn außer, dass die Wahl meines Partners eine andere ist, funktioniere und lebe ich ansonsten wie jeder andere Mensch auch.
Was wünschen Sie sich von der Gesellschaft im Umgang mit Objektophilie? Warum haben Sie sich dazu entschlossen mehr an die Öffentlichkeit zu gehen?
Mir ist früh aufgefallen, dass das Thema Objektophilie in der gesamten Sexualwissenschaft bisher kaum bis gar nicht wahrgenommen wurde. Darum ist es schon ein Anliegen, dass es für diese sexuelle Orientierung ebenfalls einen seriösen und fundierten Hintergrund geben sollte. Ein Bewusstsein dafür, dass es eben auch Objektophilie als eine eigenständige Variante sexueller Orientierung gibt. Zudem wünsche ich mir im Allgemeinen etwas mehr Toleranz.
Mir geht es um den Kontakt zu Gleichgesinnten und den Erfahrungsaustausch untereinander. Leider glauben noch immer viele Objektophile, dass sie der einzige Mensch mit dieser Neigung sind und sich somit ungewollt isolieren, solange es keinen geeigneten Ansprechpartner gibt.
Vielen Dank Joachim für diese ausgesprochen interessanten Einblicke. Auf Ihrer Webseite kann man mehr zum Thema Objektophilie erfahren. Alles Gute weiterhin für Ihr Leben und Ihre Liebe.
Hier gehts zu Teil 1 des Interviews.