Im letzten Beitrag haben wir uns den äußeren Faktoren zugewandt, mindestens so wichtig ist das innere Erleben dieser gefährlichsten Krankheiten. Wie tickt so ein Mensch? Was denkt er, was fühlt er?
Grandiosität
Grandiosität durchzieht das innere Erleben: Ich kann tun und lassen, was ich will. Niemand hat mir irgendwas vorzuschreiben. Letzten Endes sind die Anderen allesamt Pfeifen, denen es entweder an Mut, Gerissenheit, Intelligenz oder Konsequenz fehlt. Ich bin derjenige der durchzieht, der alle durchschaut, der jeden in die Tasche stecken kann, wenn er will. Ich weiß, welche Hebel ich ziehen muss, um zu bekommen, was ich will.
Das ist die innere Hintergrundkulisse vor der chronische Kriminalität überhaupt funktioniert, die narzisstische Sicht besonders und überlegen zu sein und aus diesen Gründen auch immer außerhalb der für die anderen gültigen Regeln und Gesetze zu stehen.
Verachtung und Neid
Regeln und Normen sind für Warmduscher. Selbst Schuld, wer sich dran hält.
Hand in Hand mit dem Gefühl eigener Grandiosität geht die Verachtung anderer. Diese Verachtung hat ihre Wurzel im Grundaffekt aller Narzissten, dem chronisch bewussten und unbewussten Neid. Neid heißt, etwas zu begehren, von dem man weiß, dass man es nicht bekommt. Normalerweise löst das Trauer aus, doch Trauer ist ein komplexes Gefühl und wenn das nie gelernt werden konnte, bleiben primitivere Gefühle, wie Wut oder Hass, die chronifizierte Wut. Im Hass will man zerstören, was man beneidet und nicht bekommt.
Entwertung und Verachtung anderer und dem, was sie geschaffen haben, vervollständigen das innere Erleben. Verhöhnen und lächerlich machen sind hier typische Reaktionen, das Werk und Erreichte anderer meint man zerstören zu dürfen oder man eignet es sich an. Wieso hat der so etwas und ich nicht? Ich nehme es mir einfach. Das gilt für Eigentum, Lebenspartner, Ideen.
Dehumanisierung
Doch wenn wir wirklich von schwersten Kriminellen reden, dann sind das Serien- und Massenmörder oder Serienvergewaltiger und mordende Sadisten. Die Eskalation der Entwertung der Anderen führt zu Dehumanisierung der Anderen. Innerlich ein grauenhaft konsequenter Schritt. Wenn ich der Größte bin und der Andere nichts wert und ich obendrein das beneide, was er hat, weil ich meine, das hätte er ohnehin nur durch Glück erworben, wenn mir das Recht zusteht mir zu nehmen, was ich will und zu zerstören, was ich mir nicht aneignen kann und gerate ich immer mehr in einen Strudel von Neid, Hass und Verachtung. Der Andere wird dann nicht mehr als Mensch erlebt, sondern wird als Untermensch, Vieh, Ungeziefer, als Ding oder Gebrauchsgegenstand angesehen, der benutzt aus der Welt geschafft werden darf, weil er ein Sinnbild all dessen ist, was ich nicht habe.
Und dieser Andere wird zur Strafe gequält, oft mit sadistischer Lust und dem erregenden Triumph des Todes des Anderen.
Empathiemangel
Möglich ist das nur, wenn man einen eklatanten Empathiemangel hat. Empathie, hier verstanden als die Fähigkeit den Anderen zu „lesen“ und Mitgefühl für seine Situation, seine inneren Zustände aufzubringen.
Macht als Kompensation für Liebe
Zu einfach darf man es sich nicht machen: Serientäter wollen nicht einfach in den Arm genommen werden. Sie empfinden nichts bei Lob, sie wollen kein Mitgefühl, sie haben auch keine Freude an dem, woran andere Freude haben. Paradoxerweise lösen auch Anerkennung und Zuneigung anderer nur weiteren Neid aus, da diese etwas haben – die Fähigkeit zu loben, sich mit anderen zu freuen – was ihnen fehlt. Das innere Erleben ist leer und einsam, von den Anderen getrennt. Was als Ersatz bleibt, ist das Gefühl des Triumphs, der Macht den Anderen zerstören zu können.
Mangelnde Impulskontrolle
Fast immer fehlt chronisch Kriminellen die Fähigkeit, ihre Impulse zu kontrollieren, sodass sie sich selbst mit einem übermächtigen Drang konfrontiert sehen, der ausagiert wird.
Der Vergleich mit anderen Erkrankungen
Zwischen kriminellen Serientätern und ideologisch motivierten Straftätern, wie Völkermördern oder Terroristen, gibt es aus meiner Sicht einen entscheidenden Unterschied. Das innere Erleben der kriminellen Psychopathen lässt sie nicht als die eigentlich Guten dastehen. Sie kämpfen für keine, wenn auch nur gefühlte, größere Sache, ihnen geht es um keine Ideologie. Ihnen fehlt das, wenn auch oft verquere, moralische Element der Terroristen oder politisch motivierter Straftäter.