Wege aus dem Alleinsein zu finden, um Einsamkeit zu überwinden, wird zur gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, denn Einsamkeit und soziale Isolation sind heutzutage ein weit verbreitetes Phänomen. Dass die Lebensumstände der modernen Gesellschaft Einsamkeit begünstigen können, zeigte Teil 1 dieser Artikelserie auf psymag.de.
Schafft man jedoch neue, angepasste Sichtweisen, ließe sich auch durch moderne Technologien und dem damit verbundenen Zeitgeist weniger einsam fühlen.
Neue Sichtweise: Social Media als Wege aus dem Alleinsein
Social Media wie Foren, Online-Spiele, Facebook o.ä. können Vor- und Nachteile mit sich bringen. Zum einen besteht die Gefahr der stärkeren sozialen Isolation: Nach einem anstrengenden Arbeitstag chattet man lieber daheim via Internet, als sich mit Freunden zu treffen. Zum anderen bieten soziale Medien einem aber auch eine Chance, überhaupt noch soziale Kontakte zu pflegen, während man andernfalls die Abendstunden gänzlich einsam verbrächte.
Ob alt oder jung: Man trifft sich zum virtuellen Austausch in Bücherforen, spielt gemeinsam online oder plaudert über Hobbys und Reisen – in Gruppenzusammensetzungen, welche vermutlich so im realen Leben kaum zustande kämen.
Vielleicht sind soziale Netzwerke also auch neue, an unsere technologisierte Gesellschaft angepasste, Ansätze gegen die Einsamkeit, sprich mögliche Wege aus dem Alleinsein. – Sichtweisen und Kehrseiten einer Medaille, über deren Nutzen nur jeder individuell entscheiden kann.
Bei einigen jedenfalls, so scheint es, haben soziale Medien durchaus positive Auswirkungen auf das individuelle Wohlbefinden.
Social Media als Push für das Wohlbefinden
Dass soziale Medien wie z.B. Facebook soziale Anerkennung verschaffen, ließe sich aus der Studie von Meshi et al. (2013) schlussfolgern. Die Wissenschaftler untersuchten mittels funktioneller Magnetresonanztomographie den Nucleus accumbens, eine Gehirnstruktur, welche sich mit der Verarbeitung von Belohnung befasst. Analog zu den typischen Postings bei Facebook beantworteten die Studienteilnehmer Fragen zu ihren Interessen. Im Anschluss wurde ihnen übermittelt, wie positiv „anonyme Kritiker“ von ihnen dachten. Ähnlich wie der „Gefällt mir“-Button bei Facebook erhielten sie also eine positive Rückmeldung auf ihre Angaben. Darüber hinaus sagte man ihnen, wie gut die Kritiker über eine andere Versuchsperson dachten. Auch bei Facebook kann man die „Gefällt mir“-Reaktionen auf Postings anderer sehen.
Die Ergebnisse zeigten, dass beim positiven Feedback zur eigenen Person eine stärkere Aktivierung des Belohnungssystems erfolgte als beim positiven Feedback für eine andere Person. Vor allem bei intensiven Facebook-Nutzern war das der Fall. Es scheint also, dass bei einigen diese Art der sozialen Anerkennung durchaus dazu führen kann, sich gut zu fühlen.
Ein weiterer Vorteil sozialer Medien ist, dass sie weitestgehend unabhängig von Alter oder Gesundheitszustand virtuelle Aktivitäten möglich machen – ein vergleichsweise barrierefreier Zugang gegen die Einsamkeit im Alter.
Mit Social Media Einsamkeit im Alter überwinden: Barrierefreie Wege aus dem Alleinsein
Vor allem bei Senioren mit ungenügender Mobilität, aufgrund unzureichender körperlicher Gesundheit, ist Einsamkeit weit verbreitet (Victor et al., 2005). Hier bieten Technologien Wege aus dem Alleinsein – vom „heimischen Küchentisch“ aus: Neben den oben genannten Möglichkeiten des virtuellen Austauschs können internetaffine Senioren mit Gleichgesinnten über (alters)spezifische Probleme oder den Tod des Partners sprechen. – Probleme, die von der Familie womöglich nicht verstanden werden oder mit denen man sie nicht belasten möchte.
Darüber hinaus zeigen soziale Medien auch reale Wege aus dem Alleinsein, um Einsamkeit zu überwinden.
Weniger einsam: Von Social Media zu Real-Life
Einer der weiteren Wege aus dem Alleinsein wäre, aus virtuellen Kontakten Real-Life-Kontakte werden zu lassen. So gab Sally Russell von der Elternwebseite Netmums.com in einem Interview mit der Mental Health Foundation (2010) an, dass monatlich circa 10.000 reale Kontakte zustande kommen, welche auf der Webseite ihren Anfang nahmen.
Auch findet man im Web immer öfter Verabredungen für Laufgruppen, Literaturzirkel oder ähnliches. Auf diese Art trifft man Gleichgesinnte, denen der rein virtuelle Austausch ebenfalls nicht genügt.
Aktivitäten und soziales Miteinander im Allgemeinen scheinen – auch für Ältere – gute Wege aus dem Alleinsein zu sein, um Einsamkeit zu überwinden, wie Teil 3 dieser Artikelserie aufzeigen wird.
Quellen:
- Mental Health Foundation (2010). The Lonely Society? Verfügbar unter: https://www.mentalhealth.org.uk/sites/default/files/the_lonely_society_report.pdf [10.09.2013].
- Meshi, D., Morawetz, C. & Heekeren, H.R. (2013). Nucleus accumbens response to gains in reputation for the self relative to gains for others predicts social media use. Frontiers in Human Neuroscience, 7, 439.
- Victor, C.R., Scambler, S.J., Bowling, A. & Bond, J. (2005). The prevalence of, and risk factors for, loneliness in later life: a survey of older people in Great Britain. Ageing and Society, 25(3), 357-375.