Wenn man laut lachen will, dann nimmt man sich am besten einen Artikel der 30, 50 oder 100 Jahre alt ist und beschreibt, was die Zukunft bringen wird. Der größte gemeinsame Nenner ist der Irrtum, je präziser die Prognosen umso größer der Irrtum. Auch wissenschaftliche Zukunftsforschung bewegt sich, was die Treffer angeht, in etwa auf dem Niveau astrologischer Prognostik.
Dabei gibt es zwei Probleme: Obwohl das Universum (oder Multiversum) determiniert sein könnte, ist sehr sicher, dass wir es nicht berechnen können. Es könnte auch nicht determiniert sein, dann ist noch klarer, dass man nicht sagen kann, was kommen wird. Doch selbst bei determinierten Systemen, die wir verstehen, wissen wir, das manchmal minimal andere Anfangsbedingungen maximale Veränderungen bewirken können.
Psychologisch ist es so, dass wir eine Neigung haben, gute, kohärente (in sich stimmige) Geschichten statistischen Wahrscheinlichkeiten vorzuziehen, weil es vermutlich einfach kein gutes Gefühl ist unwissend dazustehen. Nun fällt vermutlich jedem auf Anhieb jemand ein, der irgendein zukünftiges Ereignis nahezu hellsichtig vorhergesehen hat, vom Untergang des Kommunismus bis zur Finanzkrise.
Leider muss man auch hier Wasser in den Wein schütten, wenn man seriös sein will und sagen, dass das zu einem hohen Maße Zufallstreffer sein könnten. Der Grund ist einfach: Es wird jede Menge geschrieben, über alles Mögliche. Irgendwer wird dabei immer eine Entwicklung beschreiben, die in etwa so eintritt, und dann scheint es, als sei dies schon vorher alles klar gewesen. Natürlich schmeichelt es dem „Propheten“, wenn er fortan als Experte für dies und das eingeladen und befragt wird, dem kann man nicht immer widerstehen. Ein guter Test wäre, ob weitere (mehr als banale) Prognosen des Experten ebenfalls eintreten.
Gründe genug, gar nicht erst zu fragen, was die Zukunft bringt.
Wie planbar ist die Zukunft?
Wenn wir uns trotzdem der Frage zuwenden, was die Zukunft bringt, dann aus folgenden Gründen. Zum einen ist es einfach interessant und gute, kohärente Geschichten sind auch dann unterhaltsam, wenn sie nicht wahr sind.
Zum anderen wollen wir versuchen, einen Kompromiss zwischen Seriosität und Infotainment zu treffen. Bestimmte Entwicklungen laufen schon oder sind gerade im Begriff sich zu entwickeln. Dass der Einfluss der Informationstechnologie auf unseren Alltag auch zukünftig wachsen wird, ist sehr wahrscheinlich. Manche Entwicklungen hören sobald nicht auf. Der demografische Wandel ist heute ein aller Munde, doch selbst wenn Paare in Deutschland ab Morgen statistisch 2,5 Kinder in die Welt setzen würden (wofür wenig spricht), wäre der Effekt zum Beispiel für das Rentensystem frühestens in 25 Jahren zu bemerken, das Thema bleibt uns also über Jahrzehnte erhalten und hat Auswirkungen auf zig Bereiche.
Zudem sind wir der Überzeugung, dass gewisse Komponenten zukünftiger Entwicklungen zwar zufällig sind, andere werden aber durch das gesetzt, was wir wollen. Wir haben die Möglichkeit unsere Zukunft in gewissen Grenzen aktiv zu gestalten.
Zuletzt besteht mindestens eine Restchance, dass unser Universum nicht den naturalistischen und statistischen Prinzipien gehorcht, mindestens wird in letzter Zeit das Gemurre über diese Sicht lauter, ausgedrückt in Bücher wie diesen: Thomas Nagel: Geist und Kosmos und Markus Gabriel: Warum es die Welt nicht gibt.
Nachdem zig Bücher über die Theorie von Allem erschienen sind, ohne dass eine solche Theorie auch nur ansatzweise vorliegt, ist es ein schöner Gedanke einen minimalen Beitrag dazu leisten zu können oder am leading edge zu partizipieren. Wenn man mit dem Denken erkennt, dass das Denken als Medium komplexe Abläufe zu erfassen gut aber unzureichend ist, kann man schauen, ob man die Grenzen via Statistik, kühner Verrücktheit, Computer-Geist-Schnittstellen oder mystischer Schau erweitern kann.
Kürzlich fiel mir ein alter Artikel des großen Intellektuellen Ralf Dahrendorf in die Hände, der kurz vor der Jahrtausendwende Prognosen abgab, die wirklich beeindruckend gut waren.
Gründe genug, wenigstens zu versuchen herauszubekommen, was die Zukunft bringt.
Worum geht es?
Unser Ziel ist es, in einer unregelmäßigen Artikelfolge die Themen aufzugreifen, die für unsere Zukunft relevant sind, da unsere Psyche wesentlich durch die Umwelt, in der sie sich bewegt, geprägt wird. Ob das virtuelle oder konkrete Welten sind, sozial oder architektonisch, ob es um Beziehungsmodelle, Nachhaltigkeit, Fortbewegung oder Energieversorgung geht.
Wir wollen gleichermaßen fragen und anregen und versuchen zu erahnen, was die Zukunft bringen könnte, um das Geschenk der möglicherweise nächsten Entwicklungsstufe sorgfältig und nachhaltig auszupacken.