Stress
Simpler Stress kann Menschen dazu bringen, wieder auszusteigen, falls das möglich ist. Es ist einfach anstrengend, wenn man einer extremistischen Gruppierung angehört, die äußerlich leicht erkennbar ist. Einerseits fürchten sich die meisten Menschen vor einem, auf der anderen Seite steht man ständig im Fadenkreuz gegnerischer Gruppierungen, die es fast immer gibt. Das ist anstrengend und eine oft berechtigt paranoide Szenerie, die nicht jeder Mensch aushält.
Hat man die Gewissheit, von den Ermittlungsbehörden beobachtet zu werden, kann man das entweder für lächerlich halten, weil man dieselben für Papiertiger hält, es kann auch sein, dass man das Gefühl entwickelt, an mehreren Fronten kämpfen zu müssen, etwas, was den Stress erhöht. Das hängt ein Stück weit von der eigenen psychischen Gestimmtheit ab.
Es kann im Zuge bewaffneter Auseinandersetzungen auch zu Traumatisierungen kommen. Ist das mal der Fall, so ist das schwer zu verkraften, kommt man aus der Geschichte nicht mehr raus, hat man ein doppeltes Problem.
Treue wird nicht immer belohnt
Extremistische Gruppen folgen häufig einer strengen Hierarchie und manche sind zwar bereit, anfangs zu dienen, wollen aber selbst hoch hinaus. Wenn man das Gefühl hat, es nun verdient zu haben in der Hierarchie nach oben zu kommen, weil man Jahre in treuer Gefolgschaft gedient hat, aber dabei übergangen wird, kann das zu Neid und Missgunst kommen. Oft ist es auch so, dass das anfängliche Gefühl der Kameradschaft, gerade wenn die erste Begeisterung verflogen ist und man die internen Strukturen ein wenig kennt, einem Klima von wechselseitigem Misstrauen weicht.
Die Ideale werden verraten
Gerade in Gruppierungen mit einem weltanschaulichen Hintergrund, der Gewalt rechtfertigt, weil man letzten Endes „besser“ ist als der Rest der Welt, kann es einzelne Mitglieder enttäuschen, wenn sie im Laufe der Zeit mitbekommen, dass die hohen Ideale, denen man sich verschrieben hat, nicht immer eingehalten werden. Diese können durchaus zu prominenten Aussteigern werden, eine Gefahr für jede Organisation, wenn sie zu viele ihrer Mitglieder frustriert oder die Doppelmoral zu offensichtlich wird. Edward Snowden ist das prominenteste Beispiel eines Enttäuschten, der den Eindruck hat, dass man im Namen des Guten oder auf der richtigen Seite stehend dennoch – oder gerade deshalb – nicht alles machen darf, was möglich ist.
Wenn die Macht und Strahlkraft der Gruppe nachlässt, kann das ebenfalls dazu führen, dass die Anhänger sich in alle Winde zerstreuen oder die Fronten wechseln.
Der Nachteil des Raubtier-Weltbildes

Mafiagruppierungen haben oft Probleme mit einer internen Brutalisierung. © Eneas De Troya under cc

Mafiagruppierungen haben oft Probleme mit einer internen Brutalisierung. © Eneas De Troya under cc
Innerhalb extremistischer Organisationen herrscht so gut wie immer ein missionarisches Weltbild vor, gemischt mit einer Einstellung, dass die Welt ein Ort des Kampfes von allen gegen alle ist. Es gibt nicht viele Menschen, die eine solche Haltung lange ertragen, denn der Wunsch ist vermutlich auch bei vielen Anhängern extremistischer Gruppierungen da – je größer sie werden, umso mehr -, dass man irgendwann auch mal ankommt.
Gerade die Anführer solcher Organisationen können aber schlecht den Schalter umlegen, da ihre Persönlichkeitsstruktur oft die des Kämpfers auf Lebenszeit ist. So sind solche Organisationen oft genötigt, klein und im Untergrund zu bleiben, was eine Selektion hin zu immer mehr Extremismus bedeutet. In vielen dieser Gruppierungen hat man es am Ende mit Mitgliedern zu tun, die immer rücksichtsloser und brutaler werden, was dazu führen kann, dass sie sich selbst in der Gewalt gewohnten Szene einen Ruf extremer Grausamkeit aufbauen, doch das geht auf Kosten der Fähigkeit eine Organisation leiten zu können. Mit dem Grad an antisozialer Einstellung sinkt die Fähigkeit zu planen und auch die Schritte und Möglichkeiten des Feindes realistisch einschätzen zu können. So bleibt Gewalt und Sadismus um ihrer Selbst willen am Ende dieses Selektionsprozesses das einzige Ziel, doch die Attraktivität und Stabilität einer solchen Gruppierung sinkt für die Mehrzahl der Menschen.
Das andere Problem liegt in der eigenen Psyche, man kommt mit diesem Weltbild nie wirklich an. Kampf und Misstrauen auf dem Boden der Überzeugung, dass die ganze Welt aus mehr oder weniger geschickten und starken Kämpfern besteht, ist am Ende des Tages kein gutes Gefühl. In Filmen sieht man manchmal die Wandlung des Anführers, der im Laufe der Jahre und seiner Macht immer gelassener, großherziger und weiser wird, doch oft ist es so, dass Anführer immer paranoider werden und aus Angst alle um sie herum bespitzeln lassen und mitunter, wenn die Macht dazu groß genug ist, töten. Ein Schreckensregiment, in dessen inneren Kreis sich nur noch jene wagen, die ihrerseits narzisstisch und paranoid genug sind, um dieser Stimmung standzuhalten, doch das stellt wiederum eine Gefahr für den Anführer dar.