Ob die Diagnose Kaufsucht gestellt wird, ob man kaufsüchtig oder vielmehr konsumfreudig ist, scheint in vielen Fällen nicht klar voneinander trennbar zu sein. Dass Kaufsucht beziehungsweise eine starke Konsumorientierung in unserer Gesellschaft üblich sind, überrascht nicht. Man arbeitet hart, trotzt den Widrigkeiten des Lebens, erlebt Frustrationen, aus denen die Lust am Kaufen ein Ausweg sein kann. Zudem gilt: Sich etwas leisten zu können, Geld auszugeben, ist ein Indikator für Erfolg. Doch ab wann wird der Konsum zur Kaufsucht?

Shoppingmall

Diagnose Kaufsucht oder Konsumfreude: Die Mall als Ort der Wunscherfüllung © Bert Kaufmann under cc

Diagnose Kaufsucht: Wen betrifft es, in welcher Form

In den letzten Jahren hat die Tendenz in Bezug auf eine Gefährdung für Kaufsucht zugenommen, wie die Bundeszentrale für politische Bildung (2004) Zahlen aus in Deutschland durchgeführten Kaufsuchtstudien zusammenfasst. Frauen sind demnach häufiger betroffen als Männer und Jüngere stärker als Ältere.
Auch müssen Komorbiditäten mit anderen Erkrankungen wie etwa Depressionen und Suchterkrankungen bei der Diagnosestellung beachtet werden, da diese sich gegenseitig bedingen können.

Einordnung der Diagnose Kaufsucht aus ärztlicher Sicht

Über die Zuordnung des pathologischen Kaufens/der Kaufsucht/des Kaufzwangs in der psychiatrischen Klassifikation besteht – wie man den unterschiedlichen Bezeichnungen entnehmen kann – in der Fachwelt Uneinigkeit (Deutsches Ärzteblatt, 2007), da sie mit Überschneidungen und Uneindeutigkeiten verbunden sein kann.

Mögliche Einordnungen und Kriterien, die bei der Diagnose Kaufsucht zum tragen kommen können, wären gemäß dem Deutschen Ärzteblatt (2007):

Suchterkrankungen:

  • Gefühl, die Kontrolle zu verlieren
  • Unfähigkeit, es zu stoppen
  • Wunsch, immer mehr zu kaufen
  • Verleugnung, dass man „süchtig“ ist
  • Entzugssymptome wie Nervosität und Angstzustände
  • rauschähnliche Zustände beim Kaufen
  • mögliche Komorbidität mit anderen Suchterkrankungen

Zwangserkrankungsspektrum:

  • unwiderstehlicher Drang zum Kaufen, Kontrollverlust, der eigene Wille wird „übermannt“

Störung der Impulskontrolle:

  • abnorme Gewohnheit und keine Kontrolle über den Kaufimpuls

Affektives Störungsspektrum:

  • Kaufen steht mit Emotionalität in Zusammenhang, zum Beispiel bei depressiven Episoden, Unzufriedenheit oder Überschwang

Bin ich kaufsüchtig?

Jeder Betroffene, der mit dem Gedanken spielt, ob die Diagnose Kaufsucht auch für ihn zuträfe, kann sich an den oben genannten Kriterien hinterfragen.
Kaufen kann als Zuflucht dienen, einem Drang, dem man nicht widerstehen kann, und dessen Rausch womöglich im Nachhinein von Schuldgefühlen gegenüber der Familie abgelöst wird. Womöglich steigert sich das Kaufen hinsichtlich Exklusivität und Häufigkeit, man verschuldet sich – Denken und Fühlen können sich darum drehen.

Entscheidend für die Diagnose Kaufsucht wäre vor allem auch der persönliche Leidensdruck sowie die durch die Kaufsucht zugefügte Mitleidenschaft der Familie, die einen Wunsch zur Änderung mit sich bringen könnten. Doch welche Ursachen gibt es für pathologisches Kaufen? Inwiefern das Selbstwertgefühl, der Spannungsabbau und der Kauf als Belohnung mit der Diagnose Kaufsucht in Zusammenhang stehen können, wird im zweiten Teil unserer Serie näher betrachtet.

Quellen: