Angesichts der Ereignisse um den tragischen Flugzeugabsturz, bei dem höchstwahrscheinlich der Co-Pilot einer Passagiermaschine mit Vorsatz und in der Absicht andere mit in den Tod zu nehmen die Maschine zum Absturz brachte, werden die Rufe nach psychologischen Tests für bestimmte Berufsgruppen lauter. Wir wollen versuchen zu schauen, wie sinnvoll solche Tests sind und Allgemeines erklären, ohne jemanden oder eine bestimmte Gruppe von Menschen zu stigmatisieren oder zu verurteilen.

Bei Ereignissen die uns kollektiv bewegen ist häufig eine eher irrationale Tendenz zu entdecken. Zum einen sind wir es gewohnt für alles einen Schuldigen finden zu müssen. Hätte man das nicht alles vorher wissen können oder gar müssen, wer hat da versagt, wer muss sein Hut nehmen? Das alte Modell des Sündenbocks, wir empfinden eine gewisse Befriedigung und psychische Entlastung, wenn wir jemanden bestrafen können. Zum anderen wird manchmal in einem gewissen Aktionismus gefordert, irgendwas zu verändern, oft zur Selbstberuhigung, damit man das Gefühl hat, man hätte wenigtsens etwas getan. Zur Wahrheit gehört, dass der Mensch auch diese Seiten an sich hat und je emotionaler ein Thema, umso mehr drängen diese Gefühle in den Vordergrund. Versuchen wir also das Thema behutsam anzugehen, auch wenn klar sein muss, dass die reine Vernunft eine unerfüllbare Forderung ist.

Was soll getestet werden?

Das ist die erste Frage, die gar nicht so klar ist, wie sie zu sein scheint. „Naja, ob jemand für seinen Beruf geeignet ist.“ Gut, aber was bedeutet das, wie kriegt man das heraus? Vergessen wir nicht, dass der erwähnte Pilot eine Reihe hochwertiger Tests durchlaufen hat. Oder ob jemand beachsichtigt sich das Leben zu nehmen? Das ist immer eine reale Gefahr bei Depressionen, aber dass depressive Menschen andere mit in den Tod reißen, ist eher selten und völlig untypisch für sie. Der depressive Patient sieht manchmal in nichts mehr Sinn und es gibt Situationen in denen er darüber nachdenkt, seinem Leben ein Ende zu setzen, oft aus einem Gefühl der Schuld und Ausweglosigkeit. Aber meistens nur sich. Heimlich, still und endgültig. Depressive Menschen nun im Vorfeld tatsächlich schuldig zu sprechen, für etwas, was sie noch gar nicht getan haben und überhaupt nicht zu tun beabsichtigen verbessert ihre Lage in keiner Weise und hilft auch nicht, solche Tragödien künftig zu vermeiden. Dazu kommt ein praktisches Problem. Depressionen sind sehr häufig, auch, wenn unsere (Leistungs-)Gesellschaft nicht über sie redet. Würden wir depressive Menschen auf die Straße setzen, unsere Gesellschaft könnte einpacken.

Man müsste also richtigerweise fragen und dann testen, ob es eine psychische Erkrankung gibt, bei der die Wahrscheinlichkeit steigt, dass man nicht nur in Erwägung zieht sich umzubringen, sondern andere mit ins Verderben zu reißen. Tests auf Depressionen bringen in diesem Zusammenhang wenig bis nichts, weil Depression als Begründung für diese Absicht nicht ausreichen.

Was gesucht wird, wäre eine Erkrankung, die mit einem gewissen Hass auf die Welt einhergeht. Eine, bei der man das Gefühl hat, sich rächen zu müssen. Ein revangistisches und unnachgiebiges Gedankenbild wie: „Ihr habt mein Leben zerstört, jetzt zerstöre ich eures.“ Das sind aber keine depressiven Gedanken, denn der depressive Mensch gibt nicht unbedingt anderen die Schuld, er neigt, gerade im Gegenteil, dazu, sich sie Schuld für alles Übel zu geben. In dieser Situation entwickelt man keinen Hass auf andere. Es entspricht eher den Gedanken von Menschen mit einer schweren Persönlichkeitsstörung. Nur gilt es auch hier wieder vorsichtig zu sein, denn längst nicht jeder Mensch mit einer schweren Persönlichkeistsstörung ist eine Gefahr und das ist nicht als Floskel gemeint.

Was kann man testen?

Kann man testen, ob jemand unter einer schweren Persönlichststörung leidet?

Ja, kann man und ein recht zuverlässiger Test ist das strukturelle Interview nach Otto Kernberg, mit dem man das Vorliegen einer Identitätsdiffusion testen kann, die das definierende Kriterium für schwere Persönlichkeitsstörungen ist. Nur sind Menschen mit einer schweren Persönlichkeitsstörung ebenfalls häufig und in allen Bereichen der Gesellschaft zu finden, in den Führungsetagen, verantwortungsvollen und repräsentativen Positionen sogar besonders stark, da insbesondere Menschen mit narzisstischer Pathologie (aber auch solche mit normalem Narzissmus) in diese Bereiche drängen.

Sie brauchen zum Teil die Bühne, sie brauchen die Bewunderung doch wir dürfen auch diese Menschen nicht stigmatisieren, denn Narzissmus und Narzissmus sind mindestens zwei Paar Schuhe. Menschen mit normalem oder leichten Formen von Narzissmus würden nicht auf die Idee kommen sich und anderen das Leben zu nehmen.

Kurioserweise sind einige der Kriterien die wir für unsere berufliches Fortkommen sehr gut brauchen können beim Narzissten vorhanden. Ein gewisser Ehrgeiz gepaart mit Rücksichtslosigkeit und dem Wissen, wie man sich gut verkauft, Konzentrationsfähigkeit, sowie Selbstsicherheit. Anders als andere Menschen mit schwerer Persönlichkeitsstörung haben Narzissten in einigen Fällen die Fähigkeit zu einer guten Impulskontrolle. Da sie oft Schwierigkeiten mit näheren Kontakten haben und das Privatleben sie nicht erfüllt, sind sie obendrein beruflich stark engagiert, neigen zum Perfektionismus und streben oft gesellschaftlich hochstehende Berufe und leitende Postionen oder allgemein Ansehen, Achtung und Berühtmheit an.

Die prinzipielle Bereitschaft sich zu töten ist nur die eine Seite der Medaille, es muss zudem ein genügend großes Maß an Hass (auf die Welt) vorhanden sein und/oder es muss eine Kette von Kränkungen und Enttäuschungen dazu kommen. Können psychologische Tests uns das verrraten?

Solche Enttäuschungen erlebt jeder von uns: Nicht jede Prüfung gelingt, nicht jede Liebe erfüllt sich, nicht jede Beförderung klappt, es läuft familiär nicht alles am Schnürchen. „Warum immer ich?“ ist dann oft die Frage. Der Alltag von uns allen ist durchzogen von kleineren und größeren Niederlagen, die uns ärgerrn, traurig machen und vielleicht einen Moment aus der Bahn werfen. Dann geht das Leben weiter, man flachst herum, dass es eben kein Wunschkonzert oder Ponyhof ist, eine neue Aufgabe nimmt unsere Aufmerksamkeit gefangen und Wochen oder Jahre später lacht man drüber, falls man die Enttäuschung überhaupt noch erinnert.

Menschen mit einem labilen, aber grandiosen Selbstbild sehen das nicht so locker. Für sie ist das was andere problemlos wegstecken manchmal eine entsetzliche Niederlage, die umso größer wird, je mehr das Erlebte mit dem Ich-Ideal kontrastiert. Bestimmte Szenen hängen ihnen nach, lassen sie nicht mehr los, solche, von denen die meisten denken: „Ist doch nicht so schlimm. Mach dich mal locker.“ Erstaunlicherweise betrifft dies oft auch Menschen, von denen man denken sollte, dass sie mit ihrer Lebensbilanz durchaus zufrieden sein können, aber „ziemlich gut“ ist eben unzureichend, wenn man perfekt und der Beste sein will. Eigentlich wollen Narzissten geliebt und bewundert werden, sie möchten charmante und erfolgreiche Strahlemänner und -frauen des Lebens sein. Denn das entspricht dem Idealbild eines zwar schon pathologischen, aber leichten Narzissmus. Sie werden oft nicht sonderlich auffallen und ihre Rolle eher übererfüllen, solange alles gut läuft.

Fahren sie auf der Gewinnerstraße des Lebens, ist alles in Ordnung, ist der Charakter aber stärker mit Aggressionen durchsetzt, was auf eine tiefergehende Über-Ich Pathologie verweist oder verdunkeln viele gesammelte Enttäuschungen das Leben, die nicht verarbeitet werden können, sieht die Sache anders aus. Auch hier können als Reaktion manchmal depressive Episoden auftreten, die aber nicht von einer primären Depression stammen müssen, sondern eine sekundäre oder Folgesymptomatik einer schweren Persönlichkeitsstörung sind. Dies gilt es durch psychologische Tests heraus zu finden, ob hinter einer Depression noch eine Identitätsdiffusion und damit eine schwere Persönlichkeitsstörung zu finden ist.

Doch die eigentliche Wendung ist diese:

Hass statt Trauer

Männergesicht schwarzweiß mit Bersteinauge

Enttäuschungen können in Hass umschlagen. © Matt Reinbold under cc

Wenn wir Enttäuschungen und Niederlagen erleben, ist das für niemanden von uns ein auf Anhieb schönes Gefühl. Zwar wird oft gesagt, dass sich der wahre Charakter eher in der Niederlage als im Triumpf offenbart, aber jemand der sich gut unter Kontrolle hat kann durchaus gute Miene zum bösen Spiel machen, auch wenn er innerlich vor Wut kocht. Wo andere Menschen traurig werden und in der Trauer und im Bedauern ihre (begreifbare) Frustration verarbeiten können, gerät ein labiles Selbst, dessen Großartigkeit kompensatorisch ist, ins Wanken. Menschen mit diesen Pathologien fühlen immer ihr ganzes Ich in Gefahr. Nicht ein Teil des Lebens ist zwischenzeitlich misslungen, sondern alles scheint aus und vorbei. Ein solcher Mensch ist zur Trauer, die eine reife Form der Verarbeitung ist, nicht mehr fähig oder diese hat für ihn keine entlastende Funktion. Man erlebt sich nicht in einem Netz von Anteil nehmenden Mitmenschen, sondern bedroht von voyeuristischen Gaffern, die lieb tun aber man „weiß“, dass sie hinter dem Rücken spöttisch und verächtlich reden oder denken. Hier wird die projektive Identifikation zur Falle. Der Traum ist geplatzt und nun ist man im bodenlosen Fall. Vezweiflung, Enttäuschung, Hoffnungslosigkeit, Wut und irgendwann, wenn diese Erfahrung sich wiederholt: Hass, die chronifizierte Form der Wut.

Die besten psychologischen Tests können nicht vorhersehen, wie das Leben von Menschen verlaufen wird, mit welchen Enttäuschungen sie konfrontiert sein werden und wie sie darauf reagieren. Zwar könnte man versuchen, Menschen, die im Verdacht stehen könnten auf Enttäuschungen und Zurückweisungen mit Hass zu reagieren, zu erkennen, aber das allein wird wenig ändern. Dieser Hass kann sich zur Phantasie des Zerstörens oder Zerstörtwerdens steigern. Man macht nicht konkrete Situationen oder eigene Unzulänglichkeiten für etwas verantwortlich und sieht eine schmerzliche Notwendigkeit ein. Sondern, weil man nicht mit den Werten der Gesellschaft, aus der man stammt einverstanden ist, beginnt einzelne Feinde, „die Gesellschaft“ oder „die Menschen“ kollektiv zu hassen. Freilich ist es eine anspruchsvolle Übung, einzusehen, dass es nun an der Zeit ist den Führerschein abzugeben oder man für etwas nicht geeignet ist. Das kränkt und verunsichert jeden, wenn für einen Menschen daran sehr viel oder alles hängt, ist leicht erkennbar, das daraus eine existentielle Bedrohung wird.

Das zu verstehen ist die eine Sache, doch wichtig ist auch: Dieser Hass verschwindet nicht, wenn man Menschen, die so gestrickt sind und bereits selbst Opfer wurden, nun einfach im Vorfeld demütigt. Denn gefühlte Demütigungen sind ja gerade der Stoff, aus dem der Hass gerinnt, der sich irgendwo im bei passender Gelegenheit im Amoklauf, im Terror, entlädt.

Vage und konkrete Phantasien, Pläne und Gelegenheiten

Auch hier müssen wir dringend unterscheiden. Zwischen einem Gedanken im Affekt: „Den bring ich um!“, vagen Phantasien, wiederholten und sich immer weiter konkretisierenden Gedanken in dem ein und dieselbe Phantasie immer mächtiger wird, zur Ausarbeitung konkreter Pläne bis hin zur passenden Gelegenheit in der diese Pläne verwirklicht werden können, vergeht Zeit und es sind mehrere Schritte, die keineswegs zwangsläufig aufeinander folgen und an jeder Stelle des Wegs noch verändert werden können.

Doch auch hier sollten wir uns nicht zu schnell in exzessive Kontroll- und Bestrafungsszenarien steigern und wenn Freud kollektiv anmerkte, dass die Kultur nur eine dünne Hülle ist, dann erfährt das seine individuelle Zuspitzung in den Worten Alexander Mitscherlichs:

„Vielmehr geht es um den Versuch, ein Vertrauensverhältnis zwischen Analytiker und Analysand herzustellen, das dem letzteren zeitweisen Schutz bietet für eine zensurlose, für eine unkorrigierte Selbstwahrnehmung durch die Deckung, die ihm der Analytiker bietet. Am Ende kann dieser Erkenntnisweg nur wieder zur freilich sinnvolleren, reflektierteren Anerkennung der Notwendigkeit gesellschaftlicher Ordnungen – einschließlich verlangter Verzichte – führen.“

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Etwas plakativer könnte man sagen, dass der Blick ins eigene Unbewusste bei jedem von uns der Blick in einen Abgrund bedeutet, aus der die Einsicht in gesellschaftliche Normen und Regeln von selbst resultiert. Doch auch hier müssen wir die Balance wahren, denn die gefahrlose und völlig „vernünftige“ Gesellschaft wird schnell ihre eigene Karikatur.

Die fragwürdige Allmacht der Algorithmen

Bei aller Allmacht, die wir den Algorithmen heute gerne zusprechen: Es gibt nicht „das Profil“ des nächsten Amokläufers, Terroristen oder Frustrierten, der einen erweiterten Suizid begeht. Gerade dann, wenn einer der charakteristischen Wesenszüge dieser Menschen ist, opportunistisch zu sein, was ungefähr der Forderung entspricht, die wir heute an Migranten und imlplizit auch an die Mitglieder unserer Leistungsgesellschaft stellen. Querdenker, Kranke und Exzentriker prägten jedoch immer schon unsere Gesellschaft, was heute als klassisch gilt, war zu seiner Zeit oft schräg und revolutionär. Depressive Staatsmänner, die heute für Großes stehen, sind bekannt.

Die zu gehorsame Gesellschaft ist oft eine oberflächlich angepasste Gesellschaft, die an Äußerlichkeiten orientiert ist und in der sich brodelnder Hass gerade unter einer Schale der oberflächlichen Konformität bilden kann, im Einzelnen oder einer verunsicherten Gesellschaft.

Dass heutzutage jeder unter Generalverdacht steht, ist etwas was uns nicht gefallen muss. Dass bei dieser flächendeckende Überwachung, die uns ja angeblich vor Gefahren aller Art schützen soll, dann eben doch nicht so viel herauskommt, wie an uns verspricht, lässt die Methoden noch fragwürdiger erscheinen. Zwar wissen wir möglicherweise nicht, was alles verhindert werden konnte, wir wissen aber, was man nicht verhindern konnte, obwohl spätere Täter als gefährlich bekannt waren.

Irgendwann kippen die Maßnahmen für immer mehr Sicherheit und werden zur eigenen Gefahr, ebenso, wie ein zu naiver Glaube an den an sich guten Menschen zum Problem werden kann.

Psychologische Tests für welche Berufsgruppen?

Ich glaube man sollte darauf achten, nicht an jeder Stelle der Bevölkerung Menschen in fortgeschritteten Stadien einer schweren Persönlichkeitsstörung zuzulassen. Wer also, sollte getestet werden?

Piloten würden einem aus aktuellem Anlass sofort einfallen, aber was ist mit Busfahrern und Schiffskapitänen? Oder mit Polizisten und Soldaten? Mit Lehrern, ErzieherInnen, Psychologen, Priestern, Soziololgen, Ärzten, Alten- und Krankenschwestern und -pflegern? Die „Macht als Gefahr beim Helfer“ thematisiert das kleine, aber lohnende Büchlein von Adolf Guggenbühl-Craig.

Aber man muss auch an Richter, Politiker und Konzerchefs denken. Otto Kernberg mahnt in einem Interview mit dem Schweizer Tages Anzeiger:

„Übertriebene Risiken einzugehen, gehört zum Wesen narzisstisch gestörter Persönlichkeiten, aber auch ihre Tendenz zur Korruption. Solche Menschen sind nur am eigenen Überleben, an der Macht und der Verteidigung ihrer Positionen interessiert. Dieses Verhalten trifft man in grossen Organisationen immer wieder an, aber auch in der Politik. Dort führt das Eigeninteresse zu einem extremen Opportunismus ohne jede moralischen Bedenken. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass grosse Organisationen ihre leitenden Stellen mit Leuten besetzen, die über genügend menschliche Tiefe, Objektivität und Selbstkritik verfügen. Das wird manchmal vernachlässigt, zumal narzisstische Typen auch sehr intelligent, tüchtig und arbeitsam sein können.“

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Wer sollte getestet werden?

Zu einer Testmanie sollten uns auch schreckliche Ereignisse nicht führen. Der Generalverdacht ist keine Lösung, doch mal sollte neben spektakulären Großereignissen, die uns alle berühren auch daran denken, dass ein sadistischer Lehrer Jahr für Jahr auf stille Weise und über die Jahrzehnte Hunderte oder Tausende Kinder quälen und frustrieren kann. Eine Problematik, die ganz allgemein von Systemen ausgeht, die keiner gesellschaftlichen Kontrolle unterliegen und/oder die allgemein von einer starken Asymmetrie geprägt sind, edukative und helfende Berufe und das Rechts- und Jusitzsystem gehören dazu.

Es ist mehr als eine Floskel, dass wir uns alle, unsere Gesellschaft, vor allem die offenen und klammheimlichen Werte unserer Gesellschaft testen, im Sinne von hinterfragen sollten. Man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen. Die Leistungsgesellschaft und ihre Auswirkungen wird zwar oft genug angeprangert, viele reagieren darauf bereits mit Rückenschmerzen oder Burnout/Depression, was man psychosomatisch als eine Art des stummen Protests deuten kann, aber wir verkennen die Möglichkeit, dass wir es in der Hand haben die Welt zu ändern. Der Ausspruch: „Wenn jeder sich ändert, ist Morgen die Welt anders“, ist ja nicht falsch, wir warten nur so gerne auf andere und auf die große Revolution. Dass zwischen Ideen und der Umsetzung viel Spiel ist, sieht spätetstens hier jeder selbst, denn das „Man müsste eigentlich mal, …“, kennt man von sich.

Ob es Bequemlichkeit oder Faulheit, Desinteresse oder Gleichgültigkeit, der Mangel an Mut oder erlernte Hilflosigkeit ist („Da kann man halt nichts machen.“ „Was soll ich denn schon ändern?“), jeder kann was tun und niemand muss die Welt aus den Angeln heben. Wenn man andere so behandelt, wie man selbst behandelt werden möchte, ist schon viel gewonnen.

Psychologische Tests für bestimmte Berufsgruppen sind nur ein Teil der Lösung.

Ein Dreiklang aus Test ausgewählter Positionen, Überwachung in stark begründeten Verdachtsfällen und Reflexion unserer Werte des Zusammenlebens ist angezeigt.

Ein Test und seine Folgen darf nicht zur Demütigung werden. Wir haben hier nicht eine Gefahrenquelle, die beseitigt wurde, sondern einen Menschen vor uns, dem man gegebenefalls helfen muss. Für eine Gesellschaft der Fairness, die man vor allem daran erkennt, wie sei mit den Schwächsten umgeht, setzte sich der Philosoph John Rawls ein und auch der Papst kritisierte in seiner Osteransprache „dass sich Menschen „um jeden Preis durchzusetzen, wetteifern, sich zur Geltung bringen“. Franziskus forderte die Menschen auf, sich gegenseitig mit Respekt und Demut zu begegnen. „Das ist nicht Schwäche, sondern wirkliche Kraft!“

Die Tests können nur bedeuten, dass man jemandem helfen muss, nicht dass Hilfsbedürftigkeit zum Stigma wird: Ungeeignet, minderwertig, aussortiert.
Wer sich, gegebenenfalls wie oft psychologischen Tests unterziehen muss, hat die Gesellschaft zu entscheiden. Der Co-Pilot der Maschine die zur Todesfalle wurde hat um Hilfe gebeten. Irgendetwas ist dennoch grausam schief gelaufen. Er hätte sie dringend gebraucht. Unsere Aufgabe muss nun sein daraus zu lernen und es besser zu machen.

Quellen:

  • [1] Alexander Mitscherlich, Der Kampf um die Erinnerung, Piper & Co. 1975, S.22)
  • [2] https://www.tagesanzeiger.ch/kultur/diverses/Narzissten-gehen-uebertriebene-Risiken-ein/story/26698396