Die Frage „Warum bin ich kaufsüchtig?“ lässt sich so eindeutig nicht beantworten. Die Ursachen dafür, dass man zum Konsum neigt oder eben kaufsüchtig ist, können vielschichtig sein und scheinen vom organischen Ursprung bis hin zu erlernten Prozessen, die im Laufe des Lebens erworben worden sind, zu reichen.
Warum bin ich kaufsüchtig? Mögliche organische Ursachen
Gemäß dem Deutschen Ärzteblatt (2007) werden als mögliche Ursachen für Kaufsucht Funktionsstörungen der frontalen Gehirnregion diskutiert. Dieser Bereich ist unter anderem für die Durchführung übergeordneter Kontrollprozesse zuständig sowie auch für höhere kognitive Prozesse wie zum Beispiel strategische Anwendungen, Planungs- und Entscheidungsprozesse.
Darüber hinaus scheinen verminderte Aktivitäten im Serotonin- und Dopaminsystem in Zusammenhang mit der Frage „Warum bin ich kaufsüchtig?“ zu stehen (Deutsches Ärzteblatt, 2007). Beide Transmittersysteme scheinen allgemein bei Zwangsstörungen Veränderungen aufzuweisen, wie Ergebnisse neurochemischer Studien vermuten lassen (Karch & Pogarell, 2011).
Warum bin ich kaufsüchtig? Mögliche erlernte Ursachen
Auch Lernprozesse wären als Ursachen dafür, warum jemand kaufsüchtig ist, denkbar (Deutsches Ärzteblatt, 2007). Im Laufe des Lebens können Verhaltensweisen erworben und verändert werden, die zur Diagnose Kaufsucht führen können.
Positive Emotionen und Kaufen
Vor allem Emotionen und Affekte scheinen mögliche Verstärker für pathologisches Kaufverhalten zu sein (Deutsches Ärzteblatt, 2007). Unzufriedenheit und Frustration können vorübergehend durch Konsumfreude kompensiert werden. Mit dem Kaufen einhergehende positive Emotionen können das Verhalten des Kaufens verstärken, auch wenn sie nur von kurzer Dauer sind, da sie oft von Schuldgefühlen aufgrund des Geldausgebens abgelöst werden. Diese Schuldgefühle kommen häufig zu den zu Grunde liegenden negativen Emotionen dazu und erhöhen die negative Verstimmtheit, welche zumeist in erneutem Kaufen gipfelt mit dem Motiv des Hervorrufens von positiven Emotionen und wiederum der Konsequenz der negativen Verstimmtheit – ein Teufelskreis.
Selbstwert und Kaufen
In mehreren Studien untersuchten Sivanathan und Pettit (2010) den Zusammenhang zwischen Aspekten des Selbstwerts und dem Verlangen zu Konsumieren. So konnten die Forscher zeigen, dass Bedrohungen des Selbstwertes mit einem stärkeren Konsum von statusbezogenen Luxusgütern einhergehen können, um damit im sprichwörtlichen Sinne die „psychischen Wunden zu heilen“. Auch scheint es einen generellen Zusammenhang zwischen einem geringen Selbstwert und der Bereitschaft, Luxusgüter zu kaufen, zu geben. Sivanathan und Pettit (2010) konnten diesen für Menschen mit geringem Einkommen aufzeigen.
Bieten sich dagegen andere Maßnahmen, um die psychische Integrität wiederherzustellen, scheint das Verlangen nach Konsum zu sinken – ein Ansatz, der auch aus therapeutischer Sicht von Bedeutung sein könnte.
Innere Leere und Kaufen
Personen, die sich die Frage stellen: „Warum bin ich kaufsüchtig?“, sollten vor allem auch in sich hineinhören, inwiefern als Motiv für die Kaufsucht das Füllen einer inneren Leere in Frage käme. Möglicherweise stehen Einsamkeit sowie mangelnde Erfüllung von Zuneigung, Respekt und Aufmerksamkeit mit dem pathologischen Kaufen in Zusammenhang (Bundeszentrale für politische Bildung, 2004).
Ursachen hierfür könnten zum Beispiel auch in der Kindheit liegen, auch wenn es vermeintlich klischeehaft anmutet: Wurde mangelnde Zeit oder Zuwendung der Eltern mit Spielzeug aufgewogen? Musste man Leistung erbringen, um geliebt/belohnt zu werden? Gab es Materielles als Trost für Tränen? Wurde Spielzeugentzug als Bestrafung eingesetzt? Oder wurden, als anderes Extrem, stets alle Wünsche erfüllt und ein „verwöhntes Kind“ herangezogen?
Haben in Kindheit und Jugend die Möglichkeiten gefehlt, zu selbstständigen, emotional gestärkten und frustrationserfahrenen Menschen zu reifen, können Persönlichkeiten mit Suchttendenzen entstehen (Bundeszentrale für politische Bildung, 2004).
Beim Heranwachsen erlernte Assoziationen verbunden mit damit zusammenhängenden Belohnungs- beziehungsweise Glücksgefühlen können sehr prägend sein. Die Werbung tut ihr übriges, indem sie Emotionen dieser Art vermittelt, selbstverständlich (!) ohne auf die Gefahren hinzuweisen.
Die individuell möglichen ursächlichen Antworten auf die Frage „Warum bin ich kaufsüchtig?“ zu kennen, kann ein erster Schritt zur Bewältigung des pathologischen Kaufens sein, darüber hinaus jedoch gilt es, (therapeutische) Interventionen umzusetzen, um der Kaufsucht den Kampf anzusagen.
Quellen:
- Bundeszentrale für politische Bildung (2004). Zur Entstehung und Verbreitung der „Kaufsucht“ in Deutschland. Verfügbar unter: http://www.bpb.de/apuz/28577/zur-entstehung-und-verbreitung-der-kaufsucht-in-deutschland?p=all [07.04.2015].
- Deutsches Ärzteblatt (2007). Kaufsucht/Pathologisches Kaufen: Weit verbreitet, wenig erforscht. PP 6, 468.
- Karch, S. & Pogarell, O. (2011). Neurobiologie der Zwangsstörung. Der Nervenarzt, 82(3), 299-307.
- Sivanathan, N. & Pettit, N.C. (2010). Protecting the self through consumption: Status goods as affirmational commodities. Journal of Experimental Social Psychology, 46(3), 564–570.